Tischtennis-Rekord in Paris Mit 61 Jahren: Ni Xia Lian schreibt Olympia-Geschichte
Es sind die sechsten Olympischen Spiele für Ni Xia Lian und älter war noch keine Tischtennis-Spielerin bei einem Sieg. Zudem feierte in Paris eine Chilenin ihr Olympia-Debüt - mit 58 Jahren.
Es war am Samstagabend bereits 23.26 Uhr in der South Paris Arena 4, als Ni Xia Lian olympische Geschichte schrieb und die gut 6.000 Tischtennis-Fans von ihren Sitzen riss. Mit ihren 61 Jahren hatte die gebürtige Chinesin, die seit 1991 für Luxemburg antritt, die erste Runde im Einzel gewonnen – und damit wurde sie die älteste Spielerin der Geschichte, der das gelungen ist.
Ni Xia Lian strahlte nach ihrem historischen Matchball überglücklich und warf Kusshändchen in die tosende Menge, die sie mit Standing Ovations und Sprechchören minutenlang feierte. Was für eine furiose Leistung hatte sie gegen Sibel Altinkaya aus der Türkei gezeigt: Mit 4:2 (12:10,11:3,11:7,9:11,10:12 und 11:6) rang Ni Xia Lian die Weltranglisten-92. in 49 Minuten nieder und steht damit in der Runde der besten 32 Spielerinnen.
Für Ni Xia Lian aus Luxemburg sind es die 6. Olympischen Spiele.
Mit 61 die Nummer 53 der Welt
Und dabei war dieser furiose Sieg in Paris keinesfalls der einer Außenseiterin, die über irgendeine Sonderregelung ins olympische Turnier gerutscht ist – im Gegenteil: Ni Xia Lian ist mit 61 Jahren die Nummer 53 der Welt und hat zuletzt bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft in Houston/Texas 2021 die Bronzemedaille im Doppel gewonnen.
Mit Bestleistungen kennt sich die Linkshänderin aus, die weiterhin mit der inzwischen aus der Mode gekommenen Penholder-Schlägerhaltung spielt. Bereits 1983 gewann sie WM-Gold, damals allerdings noch mit China. Vor 22 Jahren war Ni Xia Lian die Nummer acht der Welt, 1998 und 2002 wurde sie Europameisterin im Einzel. Doch es scheint, als hätte sie als inzwischen reifere Spielerin nichts von ihrem Spielwitz und ihrer Übersicht eingebüßt. Ihr Ehrgeiz ist ungebrochen.
Feintuning im heimischen Keller
Ihr Mann, der schwedische Tischtennis-Trainer Tommy Danielsson, erzählte einmal, dass sie Ideen für taktisches oder technisches Feintuning immer sofort gemeinsam an der Platte im heimischen Keller ausprobieren – auch schon mal mitten in der Nacht. Bloß kein Stillstand, das ist das Motto der zweifachen Mutter. Der Umzug nach Luxemburg war für Ni Xia Lian sicherlich der richtige Schritt, denn im Gros der chinesischen Konkurrenz hatte sie Ende der 1980er Jahre irgendwann nicht mehr mithalten können. In ihrer neuen Heimat aber kann sie glänzen, durfte in Paris bei ihren sechsten Olympischen Spielen bei der Eröffnungsfeier die luxemburgische Fahne tragen.
Zu gerne möchte Ni Xia Lian ihrer historischen Mission in Paris noch ein paar Kapitel hinzufügen, doch schon in der nächsten Runde könnte mit der Weltranglistenersten Sun Yingsha eine zu hohe Hürde warten. Versuchen wird sie es dennoch und mit dem enthusiastischen Publikum im Rücken diesen Auftritt in vollen Zügen genießen.
Tischtennisspielerin Zhiying Zeng hatte fast 40 Jahre in ihrer Karriere pausiert.
Zeng feiert Olympia-Debüt - mit 58 Jahren
Ums Genießen war es in der Vorrunde des Einzel-Wettbewerbs auch Zhiying Zeng gegangen - denn sie hatte mit 58 Jahren sensationell ihr olympisches Debüt gefeiert. Wie Ni Xia Lian gehörte Zeng 1983 noch zum chinesischen Team, hörte Ende der 1980er Jahre allerdings auf mit dem professionellen Tischtennis und siedelte nach Chile um. Während der Corona-Pandemie stieg sie nach 40 Jahren Pause wieder ins Profigeschäft ein und schaffte sensationell die Olympia-Qualifikation.
Im ersten Match war der schöne Traum allerdings schon wieder beendet, Zeng unterlag der Libanesin Mariana Sahakian mit 1:4 (11:4, 12:14, 5:11, 3:11, 8:11). Glücklich war sie nach ihrem Auftritt dennoch: "In meinem Alter muss man mit Freude spielen, nicht mit Qual. Mit China hat sich mein Traum leider nicht erfüllt, aber jetzt. Man darf einfach nie aufgeben." Besonders viel bedeutete es Zeng, dass "ich meinem Vater den Traum erfüllen konnte. Er hat zugeschaut, er ist 92 Jahre alt."