Volleyball Anton Brehme - deutsches Block-Ass mit Handicap
Anton Brehme lebt in Paris seinen Kindheitstraum. Der Mittelblocker der deutschen Volleyballer lässt sich vor dem dritten deutschen Gruppenspiel am Freitag (02.08.2024, 9.00 Uhr) auch von einer Gesichtslähmung nicht aufhalten.
Anton Brehme hat vor dem Vorrunden-Finale von Deutschlands Volleyballern ein Problem, denn spielfreie Tage sind für den Mittelblocker gefährlich. "Ein Rest Day ist für mich auch immer ein bisschen ein Cheat Day, da esse ich auch mal etwas, das vielleicht nicht ganz so gesund ist", verrät Brehme.
Bislang haben ihm diese Tage nicht geschadet. Brehme spielt in Paris bislang groß auf, einige sprechen schon vom Turnier seinen Lebens. Vor dem "Endspiel" gegen Argentinien, den Olympia-Dritten von Tokio, ruhen die Viertelfinal-Hoffnungen auch auf den Schultern des 2,06 Meter großen Athleten aus Leipzig. Beim Comeback der deutscher Volleyballer auf der olympischen Bühne nach zwölf Jahren spielt Brehme eine der Hauptrollen.
Knieprobleme zwangen fast zum Karriereende
Brehme fiel schon früh als großes Volleyballtalent auf. Im Alter von sieben Jahren kam er mit seinem Zwillingsbruder Louis durch ihren Vater beim SV Reudnitz in Leipzig zum Volleyball. Anschließend ging es für ihn aufs Sportgymnasium und in der zehnten Klasse gemeinsam mit seinem Bruder nach Berlin aufs Internat.
Nun - mit 24 Jahren - lebt Brehme in der französischen Hauptstadt seinen Traum. Allein mit der Olympia-Teilnahme an der Seite von Volleyball-Stars wie Georg Grozer oder Kapitän Lukas Kampa erfüllte sich ein Wunsch aus frühen Kindheitstagen. "Meine Familie war sehr sportbegeistert und wir haben alle Spiele immer im Fernsehen geschaut", sagt Brehme, "da hat man natürlich auch mal gedacht, es wäre schon cool, wenn man da irgendwann dabei ist". Dass es nun tatsächlich klappt, hätte er "nie gedacht".
Spaß mit dem Zimmerkollegen
Das Zimmer teilt er sich seit zwei Jahren mit Johannes Tille - und es passt einfach: "Seit dem ersten Mal wollten wir nie wieder wechseln, wir verstehen uns sehr gut machen super viel zusammen", sagt der Leipziger. Sie schauen abends gerne mal einen Film, spielen Karten, gehen zur gleichen Zeit schlafen und "Hannes schnarcht nicht". Nur in der Früh sei der Zuspieler "manchmal ein bisschen nervig, weil er so mega gute Laune hat und rumschreit", sagt Brehme, bei dem vor dem ersten Kaffee noch nicht viel geht.
Zumal seine Karriere 2022 am seidenen Faden hing. Langwierige Knieprobleme und eine anschließende Operation zwangen Brehme zu einer Pause, ein ganzes Jahr stand er nicht auf dem Feld. Er wusste nicht, ob er seinen geliebten Sport je wieder ausüben könne. "Ich habe überlegt, mit Volleyball aufzuhören", erinnert sich Brehme. Nicht mal Spiele habe er sich anschauen können. Der Sport, der bislang sein Leben war, fehlte ihm. Mithilfe seiner Familie kämpfte er sich Schritt für Schritt zurück und kam gestärkt zurück.
Plötzlich eine Gesichtshälfte taub
Mit den Berlin Volleys gewann er das Double, es folgte der Wechsel nach Italien zu Spitzenklub Modena. Nach den Olympischen Spielen geht es zum polnischen Meister Jastrzebski Wegiel.
Dabei drohten seine Pläne kurzfristig auf tragische Weise durchkreuzt zu werden. Vor fünf Wochen passierte es, Nations League auf den Philippinen. Plötzlich spürte Brehme seine rechte Gesichtshälfte nicht mehr. Es ging in die Notaufnahme in Manila. Olympia schien auf einmal ganz weit weg. Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich glücklicherweise nicht, ein entzündeter Gesichtsnerv war wohl die Ursache.
Dröhnen im Kopf
An den Folgen leidet Brehme aber noch immer. Die halbseitige Lähmung des Gesichts ist dabei nicht die einzige Erschwernis. "Mein Auge tränt ganz doll und Hören ist ein Problem. Viele Geräusche sind mindestens doppelt so laut", sagte Brehme dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Doch er lasse sich "nicht runterziehen. Und zu 80 Prozent ist die Gesichtssache schon wieder überwunden."
Gute Voraussetzungen also, um den Höhenflug am Freitag fortzusetzen. Überragende 15 Punkte waren es beim Auftaktcoup Deutschlands gegen den Weltranglistenzweiten Japan (3:2), ebenso viele beim 2:3 gegen die USA. Die Lust auf Spiel Nummer drei ist ungezügelt. "Jetzt haben wir ein richtiges Endspiel", sagt Brehme: "Und das macht am meisten Spaß."