Frankreich im Finale der Handball-EM Schwedens Protest gegen Prandis Wahnsinnstor abgelehnt
In einem extrem spannenden Halbfinale der Handball-EM war ein Jahrhunderttor von Elohim Prandi am Freitagabend (26.01.2024) die Schlüsselszene: Frankreich besiegt Schweden in der Verlängerung mit 34:30 (27:27, 17:11) und steht im Endspiel.
Die Szene beschäftigte den Welthandball auch noch am Tag danach. Das unglaubliche Last-Minute-Tor von Elohim Prandi rettete Frankreich am Freitagabend gegen Schweden in die Verlängerung, dort setzte sich der Rekordweltmeister gegen den Titelverteidiger durch. Prandis Treffer war nach Ansicht der Videobilder irregulär, selbst der europäische Handballverband sprach am Samstag von einem "klaren Fehler". Schwedens Protest gegen die Spielwertung blieb trotzdem erfolglos.
Nach einem turbulenten Spiel, in dem die Schweden zur Halbzeit schon fast aussichtslos mit sechs Toren zurücklagen, potenzierte sich die Spannung in der Schlussphase. Andreas Palicka hielt einen Siebenmeter von Hugo Descat grandios und seine Vorderleute warfen sich mit aller Macht durch die französische Deckung: Eine Minute vor Schluss gelang Jim Gottfridsson so das 27:25 - die vermeintliche Entscheidung.
Prandi mit dem Sensationstor zur Verlängerung
Aber Frankreich verkürzte nochmal und Sekunden vor dem Ende pfiffen die Schiedsrichter eben jenem Gottfridsson einen Schrittfehler ab. Eine auch nach Ansicht der Videobilder in dieser Geschwindigkeit kaum aufzulösende Entscheidung, tendenziell war sie wohl korrekt - auf jeden Fall war sie folgenschwer. Die Franzosen brachten den Ball schnell nach vorn und es gab mit ablaufender Uhr noch einen Freiwurf. Den nagelte Elohim Prandi mit aller Macht, Gewalt und Biegsamkeit seines Körpers um den schwedischen Block herum unter die Querlatte. Ein Wahnsinnstor - und eben die Verlängerung. Besonders bitter: Nach mehrfacher Ansicht der Zeitlupe könnte man zu der Erkenntnis kommen, dass Prandis Fuß sich Millisekunden zu früh vom Boden löste und das Tor somit irregulär gewesen sein könnte.
"Ich kann diesen Wurf", sagte Prandi nach Spielende im ARD-Interview. "Ich habe das in der französischen Liga schon zwei-, dreimal geschafft." Sein Teamkollege Kentin Mahe nannte den Wurf "jenseits von Gut und Böse". "Das ist seine Extraklasse, die er mit sich bringt mit diesem Raketenarm", ergänzte Mahe. Allerdings werde es wohl "Gespräche darüber geben, eine Debatte kreiert werden um diese Aktion", vermutete der Rückraumspieler und räumte ein: "So ein Tor sieht man nicht alle Jahre, es fühlt sich auch danach an, dass er springt, um einen besseren freien Arm zu bekommen."
Schwedens Protest abgelehnt
Und Mahé hatte Recht: Die Schweden legten gegen die Niederlage Protest ein, wie der europäische Handballverband (EHF) am Freitagabend bestätigte. Am Samstag teilte die EHF mit, dass der Protest abgelehnt worden sei. Der Protest habe sich laut EHF "auf die Nichtverwendung des Video Review (VR) zur Überprüfung des letzten Freiwurfs für Frankreich in der 60. Minute des Spiels" bezogen. Nach "einer sorgfältigen Bewertung" der Situation sei die Disziplinarkommission zu dem Entschluss gekommen, dass es im Ermessen der Schiedsrichter liege und "nicht verpflichtend" sei, die VR-Technologie einzusetzen.
Dieser emotionale Rückschlag des späten Ausgleichs hatte Schweden in der Verlängerung sichtlich zugesetzt. Der Dampf und die Dynamik, die zuvor noch das Angriffsspiel ausgemacht und das Comeback ermöglicht hatten, waren wie verpufft. Die Verzweiflungswürfe blieben mehrfach in Frankreichs Abwehrblock hängen, die Franzosen setzten sich auf 30:28 ab und ließen sich das trotz einiger weiterer Palicka-Paraden nicht mehr nehmen.
EHF-Präsident - "klarer Fehler"
EHF-Präsident Michael Wiederer bezeichnete die Entscheidung der Schiedsrichter, nicht auf den Videobeweis zurückzugreifen, am Samstag als "klaren Fehler". "Die Schiedsrichter hätten sich das Video ansehen sollen", sagte Wiederer, warb aber zugleich um Verständnis. Das Spiel werde "immer schneller und schneller" und habe sich "technisch und von der Geschwindigkeit her enorm" entwickelt: "Es ist eine große Herausforderung für die Schiedsrichter."
Dennoch wollte er diesen Fehler sowie zwei weitere Fehlentscheidungen im Turnierverlauf, bei denen Videobeweis fälschlicherweise nicht eingesetzt worden war, nicht kleinreden. Es sei "nicht möglich, Fehler in der Zukunft zu vermeiden, aber wir tun alles, um sie zu minimieren".