Lange Pause bei Handball-EM Balanceakt fürs deutsche Team - Entspannen oder Anspannen?
Erst der euphorisierende EM-Auftakt, dann drei Tage Leerlauf. Ungewöhnlich für ein Handball-Turnier - und ein Balanceakt für das deutsche Team: Entspannen oder Anspannen?
Torhüter David Späth spricht auf der Pressekonferenz am Freitag (12.01.2024) von "recht viel Freizeit", die man ja gerade schon habe. Darts, Kartenspiele, Mittagsschlaf, Tischtennis - das sind die Hauptbeschäftigungen, mit denen sich die Nationalspieler gerade ihre Zeit abseits des Trainings vertreiben.
"Luxus" der langen Pause vor Nordmazedonien
Am Donnerstag ist das Team nach dem Auftakterfolg in Düsseldorf gegen die Schweiz in Berlin angekommen und hat zunächst diese Partie aufgearbeitet. Die große Vorbereitung auf Nordmazedonien beginne jetzt erst, heißt es größtenteils. Die drei Tage Pause, die es so sonst im Turnierverlauf nicht mehr geben wird, machen es möglich, sich diesen "Luxus" herauszunehmen.
Erst am Sonntag (hier ab 20.25 Uhr im Audiostream) geht es für die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason gegen Nordmazedonien - danach wird die Taktung eng und es liegt, den Hauptrundeneinzug vorausgesetzt, jeweils immer nur noch ein Pausentag zwischen den Partien.
Das Weltrekordspiel in Düsseldorf hallt noch nach
Die somit vielleicht letzte Gelegenheit, um nochmal echte "Trainingsimpulse setzen" zu können, wie Torwarttrainer Mattias Andersson es nennt, - und eine im Blick auf das womöglich sehr lange und intensive Turnier willkommene Möglichkeit für Regeneration. Auch wenn Späth zugibt, "dass man schon möchte, dass es sofort weitergeht. Die Pause ist natürlich trotzdem gut. Aber manchmal geht der Kopf über den Körper."
Gerade die Euphorie aus dem Düsseldorf-Spiel ist nämlich auch an diesem Freitag überall noch Thema. In den Fragen der Journalistinnen und Journalisten, aber auch in den Antworten bei den Spielern. "Es war schon was ganz Besonderes", sagt der erfahrene Linksaußen Rune Dahmke. "Sowas habe ich auch noch nie erlebt, auch wenn ich schon ein paar Jahre dabei bin. Das ist auf jeden Fall etwas, das man immer im Kopf behalten wird." Und auch in den Antworten seiner Kollegen schwingt mit: Dieser 10. Januar wird nachhallen.
Kastening: "Ist mir eigentlich recht egal"
Aber ist es nun Vor- oder Nachteil, dass dieses einschneidende Erlebnis am Anfang des Turniers stand? Ist es gut, dass die Spieler es jetzt ein bisschen verarbeiten und kurz genießen können, oder wäre es besser gewesen, wenn man diese Welle direkt weiter hätte reiten können? Ist ein Spannungsabfall zu befürchten?
Schwierige Fragen, die Rechtsaußen Timo Kastening beiseite wischt. "Ob die Pause zu kurz oder zu lang war, kann man sich dann immer nach dem nächsten Spiel aussuchen."
Anspannen vs. Entspannen
Der Körper kann sich kurz ausruhen, vor allem das freut natürlich alle, und auch der Kopf kann etwas herunterfahren - aber das eben bitte nicht zu weit. Die Mannschaft ist noch jung, viele Spieler haben keine oder kaum Turniererfahrung. Da hilft es, dass das Trainergespann schon so ziemlich alles gesehen und erlebt hat.
Alfred Gislason, Mattias Andersson und Co. kennen jede Emotion und jeden Gedanken, die die Spieler eventuell haben könnten und werden in Trainings- und Tagesaufteilung ganz genau auf jedes Detail achten, um für die richtige Balance zwischen Erholung und Zerstreuung auf der einen und Anspannung und Wettkampfmodus auf der anderen zu sorgen.
Der Bundestrainer erklärte in der jüngst erschienenen ARD-Doku, wie er in solchen Situationen arbeitet: "Man kämpft auch immer gegen seine Mannschaft. Man kämpft für sie, aber auch gegen sie. Nie lockerlassen, nie nachgeben - gerade, wenn es gut läuft." Gut möglich also, dass es in den Trainingseinheiten in den nächsten Tagen dann vielleicht auch mal schnell vorbei ist mit der Lockerheit.