Erfolgsgeschichte Feyenoord Rotterdam Kleiner Einsatz, hoher Gewinn - mit Slot zur Meisterschaft
In den Niederlanden elektrisiert Überraschungsmeister Feyenoord Rotterdam gerade die Fußballgemeinde. Trotz des geringen Budgets und einer Truppe mehrheitlich unbekannter Spieler fand der Verein ein wirksames Erfolgsrezept: Trainer Arne Slot. Eine unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte.
Die niederländische Fußballkultur war in der jüngeren Vergangenheit vor allem für eines bekannt: wenig Risiko. Wer an "Oranje"-Trainergrößen der vergangenen Jahre wie Louis van Gaal denkt, denkt gleichzeitig an lange Ballbesitzphasen, ruhige Passstaffetten und tiefes Pressing.
Diese Philosophie scheint gerade mehr und mehr ins Wanken zu geraten. Moderne Spielformen mit hohem Pressing und schnellem Spielaufbau erhalten immer häufiger den Vorzug - und das mit Erfolg. Eine erste Kostprobe dieses Stils lieferte Erik ten Tag, bis zum Ende der vergangenen Saison Cheftrainer von Ajax Amsterdam.
In seinen viereinhalb Jahren beim Hauptstadtklub gewann er dreimal die Meisterschaft. Im Coronajahr wurde der Titel zwar nicht vergeben, doch auch da stand Ajax auf dem ersten Tabellenplatz. Feyenoord-Trainer Arne Slot hob die risikoreiche Spielweise nun nochmal auf ein neues Niveau - mit durchschlagendem Erfolg.
Der schnelle Aufstieg zum Erfolgstrainer
Seine ersten Schritte als Trainer machte der umtriebige Slot direkt im Anschluss an seine Spielerkarriere. Nachdem er 2013 seine Fußballschuhe beim PEC Zwolle an den Nagel gehängt hatte, heuerte er beim selben Verein gleich als Jugendtrainer an. Seinen ersten Job als Cheftrainer erhielt er beim AZ Alkmaar, wo er zuvor bereits als Assistent tätig war.
In seiner ersten Saison brachte es Slot auf einen Schnitt von 2,24 Punkten pro Spiel - Vereinsrekord! In den ersten zehn Partien der folgenden Spielzeit blieb der AZ Alkmaar sogar ungeschlagen. Umso überraschender kam die plötzliche Entlassung Slots, als Reaktion auf seine heimlichen Verhandlungen mit der Vereinsführung von Feyenoord Rotterdam.
Dieser Rückschlag sollte Slot jedoch nicht weiter aus der Bahn werfen. Den Posten als Cheftrainer in "De Kuip" erhielt er ungeachtet dessen. Und die Entscheidung zahlte sich aus.
Geringe Investitionen, hohe Rendite
Bereits in seinem Premierenjahr ließ der Trainer sein Talent durchblicken. Aus einer Mannschaft voller eher unbekannter Spieler und einem geringen Etat formte er ein Team, das auf internationaler Bühne konkurrieren konnte. In der neuen Europa Conference League erreichte Feyenoord das Finale, nur der AS Rom unter Starcoach José Mourinho musste man sich geschlagen geben (0:1). In der heimischen Eredivisie steigerte Slot die Punkteausbeute von 59 im Vorjahr auf stolze 71 in dieser Saison.
Eine Erfahrung, die niederländische Spitzenmannschaften seit Jahren machen, blieb jedoch auch Rotterdam in der Sommerpause nicht erspart. Gleich mehrere Leistungsträger verließen den Verein in Richtung Premier League. Senesi, Sinisterra und Co. brachten dem Team zwar satte Transfererlöse ein, auf der Einkaufsseite verhielt sich Rotterdam hingegen eher zurückhaltend.
Hintergrund war die angespannte finanzielle Situation des Vereins. Im Corona-Jahr 2020 hatte die Klubführung einen Verlust von 17 Millionen Euro vermeldet. Seither konnte der Schuldenberg nur in geringem Umfang abgebaut werden. Mit dem Transferplus von knapp 35 Millionen Euro sollten alle Löcher gestopft werden, wenngleich kurzfristig zumindest auch auf Kosten der sportlichen Wettbewerbsfähigkeit - so dachte man zumindest.
Slot-Style - frischer Wind im niederländischen Fußball
Trainer Arne Slot hatte da andere Vorstellungen Wie schon im Vorjahr gelang es dem 44-Jährigen, aus einem Kader mit wenigen Stars ein erfolgreiches Team zu formen. Keine teuren Spieler, keine großen Namen, dafür ein hohes taktisches Verständnis und ein unbändiger Wille. "Wir kommen über den Kampf", weiß auch Ersatztorwart Timon Wellenreuther, der einzige Deutsche im Kader.
Dabei ist der durchschlagende Erfolg bei der risikoreichen Spielweise längst nicht selbstverständlich, wie ein Beispiel verdeutlicht. Im Spielaufbau beordert Slot die Außenverteidiger früh nach vorne, wodurch die Innenverteidiger auf die Seiten ausweichen können. Der Torwart fungiert in diesem System dann als Ergänzung der letzten Reihe. Gleichzeitig sollen sich die beiden defensiven Mittelfeldspieler hinter der ersten Kette des Gegners frei bewegen und stets die Anspielstation suchen.
Sind die anlaufenden Offensivakteure überspielt, kann das schnelle Umschaltspiel beginnen. Hier kommen nun wieder die beiden offensiven Außenverteidiger zum Einsatz. Sollte der Ball in der Kontersituation wider Erwarten verloren gehen, reagiert das Kollektiv mit direktem Gegenpressing. Laut "theanalyst.com" erwirkte man damit 173 Ballverluste im letzten Drittel, die wiederum zu 33 Torabschlüssen und neun Toren führten - Ligabestwert!
Zum ersten Mal seit der Saison 2016/17: Feyenoord Rotterdam hat die niederländische Meisterschaft gewonnen.
Zieht Slot schon wieder weiter?
Die präzise Umsetzung dieser taktischen Vorgaben war der Schlüssel für Rotterdams außergewöhnliches Erfolgsjahr. Am vergangenen Wochenende krönte sich das Team von Arne Slot mit einem 3:0-Erfolg bei den Go Ahead Eagles vorzeitig zum niederländischen Meister. Es ist erst der zweite Titelgewinn für Feyenoord in diesem Jahrhundert.
Kein Wunder, dass in den vergangenen Wochen und Monaten auch andere Topklubs auf das niederländische "Wunderkind" aufmerksam geworden sind. Nach übereinstimmenden Medienberichten wird Slot derzeit bei den Tottenham Hotspur und Eintracht Frankfurt gehandelt. Der Feyenoord-Coach, der in seiner gesamten Laufbahn nie außerhalb der Niederlande tätig war, besitzt zwar noch einen Vertrag bis 2025, doch wer weiß, vielleicht verhandelt er ja bereits mit einem anderen Klub.