Letztes EM-Gruppenspiel in Stuttgart Helden gesucht: Schottland vor "Pokalfinale" gegen Ungarn
Bei der Fußball-EM 2024 will Schottland als Gruppendritter ins Achtelfinale einziehen. Dafür ist ein Sieg gegen Ungarn dringend nötig.
John McGinn, das wird sehr schnell klar, denkt gar nicht erst ans Tiefstapeln. Ist Schottlands Nummer 7 in Gespräche über das dritte Gruppenspiel gegen Ungarn am Sonntag (23.06.2024, ab 21 Uhr im Audiostream und im Liveticker) involviert, dann geht es rasch um mögliche Heldentaten, dann fallen Begriffe wie "Vorfreude" oder gar "Geschichte schreiben". Klingt nach etwas Großem, und genau das soll es für die Schotten auch werden.
Nur ein Sieg zählt
Die Ausgangslage vor dem letzten Spieltag in der EM-Gruppe A ist einfach: Mit einem Sieg gegen die noch punktlosen Ungarn kämen McGinn und Co. auf vier Zähler - und hätten realistische Chancen auf den erstmaligen Einzug in die K.o.-Runde einer Fußball-Europameisterschaft. Gewissheit haben die besten Gruppendritten des Turniers aber erst nach Abschluss aller Vorrundenspiele.
"Es geht nicht darum, wer genau der Held sein wird", sagte McGinn während der Pressekonferenz am Abend vor der Partie in Stuttgart. "Es geht um die Mannschaft. Hoffentlich wird überhaupt irgendeiner von uns ein Held sein." Wie genau das Tor falle, sei egal, so McGinn: "Wir nehmen alles."
McGinn hat Familie in Ungarn
Bei der EM vor drei Jahren befanden sich die Schotten vor dem letzten Gruppenspiel in einer ähnlichen Ausgangslage, damals aber verloren sie in Glasgow mit 1:3 gegen Kroatien. Die "Bravehearts" wurden mit nur einem Pünktchen Vierter. Geschichte, die sich nicht wiederholen soll.
"Es ist eine Chance für uns, in die Geschichtsbücher zu kommen", sagte McGinn, für den die Partie gegen die Ungarn auch aus persönlicher Sicht eine besondere ist. Der 29-Jährige hat familiäre Verbindungen in das Land des Gegners, sein Onkel und seine Cousins leben in Sopron nahe der Grenze zu Österreich.
Clarke schaut nicht nur auf Szoboszlai
"Der eine will, dass Schottland gewinnt. Der andere will, dass Ungarn gewinnt", erzählte McGinn. Einig seien sich die Verwandten nur gewesen, als der Mittelfeldspieler Mitte Mai in der Premier League mit Aston Villa gegen Liverpool spielte: "Da waren sie mehr an Dominik Szoboszlai interessiert als an mir."
Auf den einstigen Leipziger sind sie vorbereitet, verrät Nationaltrainer Steve Clarke. "Wir wissen viel über Ungarn und welche Talente sie haben", so der 60 Jahre alte Coach. "Sie haben aber noch mehr gute Spieler, auf die wir aufpassen müssen."
McGinn: "Kann es dem Gegner schwermachen"
Auf welcher Position Clarke seinen Spieler mit der Rückennummer 7 zum Einsatz bringen wird, ist noch offen. Im Eröffnungsspiel gegen Deutschland (1:5) agierte McGinn im offensiven Mittelfeld, im zweiten Spiel gegen die Schweiz (1:1) als hängende Spitze. "Der Trainer lässt mich viel spielen, damit ich mich anpasse", sagte er. "Ich bin kein richtiger Stürmer, aber mit meiner Energie kann ich es dem Gegner schwermachen." Gegen die Ungarn, so hofft er, wolle er "ein bisschen Schaden" anrichten.
Gleichzeitig haben McGinn und seine Kollegen die Aufgabe, gegen zuletzt alles andere als attraktive Statistiken anzutreten. Zum Beispiel jene, nach der sie bei ihrer vierten EM-Teilnahme schon zum vierten Mal nach zwei Spielen immer noch sieglos sind. Oder, dass sie von ihren jüngsten elf Länderspielen überhaupt nur eines gewinnen konnten - ein 2:0 im Juni gegen Gibraltar war das. Und dennoch sollen die Voraussetzungen fürs Ungarn-Spiel stimmen? Ja, sagt McGinn.
Schottland gegen Ungarn: Wie ein Pokalfinale
"Wir sind jetzt eine bessere Mannschaft", so der Offensivspieler - auch und vor allem im Rückblick auf das schmerzhafte Ausscheiden vor drei Jahren: "Für uns wird das Ungarn-Spiel wie ein Pokalfinale." Möglicherweise eines, in dem Fußballspieler aus Schottland "Geschichte schreiben" und zu "Helden" werden. Danach wäre die Sache mit dem Tiefstapeln erst recht unmöglich.