Außenseiter auf dem Sprung Albanien - mit brasilianischem Flair zur EM 2024
Die Favoriten Polen und Tschechien wurden überrascht - an den letzten beiden Qualifikations-Spieltagen könnte Albanien den Coup perfekt machen. Das Team steht vor dem Sprung zur EURO 2024.
Klaus Gjasula hält bis heute einen etwas zweifelhaften Rekord in der Bundesliga: Im Trikot des SC Paderborn sammelte er in der Saison 2019/20 sage und schreibe 17 Gelbe Karten. Unerreicht. Hat nicht viel gebracht - das Team von Trainer Steffen Baumgart stieg trotzdem sang- und klanglos wieder ab.
Heute - vier Jahre später - ist der mittlerweile 33-Jährige mit dem SV Darmstadt 98 wieder in der Eliteklasse unterwegs. Und wie damals versucht der in Freiburg geborene Mittelfeld-Abräumer mit einem absoluten Außenseiter die Klasse zu halten.
"Nebenjob" Nationalmannschaft Albanien
Aufregend ist allerdings auch Gjasulas "Nebenjob": Der "Mann fürs Grobe" schickt sich gerade an, mit der Nationalmannschaft Albaniens den Sprung zur EURO 2024 in Deutschland zu schaffen. Die Albaner stehen nach dem 3:0-Erfolg über Tschechien schon mit einem Bein beim Turnier in Deutschland. Einen Sieg brauchen Gjasula und Co. noch aus den letzten beiden Spielen. Am 17. November könnten sie den in Moldawien holen. Noch wahrscheinlicher erscheint er aber vier Tage später im abschließenden Match: Dann geht es in Tirana gegen die Färöer Inseln.
Es müsste also mit dem Teufel zugehen, sollte Albanien diese große Chance noch vergeigen. Dabei waren sie vor Beginn der Qualispiele eher als chancenlos eingeschätzt worden. Polen und Tschechien schienen zu stark, auch Moldawien wurde eigentlich höher eingeschätzt. Doch das Team, das vom brasilianischen Ex-Nationalspieler Sylvinho gecoacht wird, überraschte die Favoriten gleich serienweise.
Erfolgsserie nach Auftaktpleite
Nach einer 0:1-Auftaktniederlage in Polen legte das Team richtig los: Moldawien (2:0) und die Färöer (3:1) wurden bezwungen, in Tschechien gelang ein 1:1. Das ganz große Ding folgte in den beiden nächsten Heimspielen: Polen (2:0) und Tschechien (3:0) wurden mit leidenschaftlichem Fußball und heißer Unterstützung von den Rängen deutlich geschlagen. Und plötzlich führt Albanien die Tabelle der Gruppe E mit vier Zählern Vorsprung vor dem zweitplatzierten Polen an. Die Qualifikation für die Europameisterschaft wäre die zweite, nachdem man bereits 2016 in Frankreich dabei sein konnte.
Team | Spiele | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
Albanien | 6 | 11:3 | 13 |
Polen | 5 | 8:8 | 9 |
Tschechien | 5 | 5:2 | 8 |
Moldawien | 5 | 5:5 | 8 |
Färöer | 6 | 2:12 | 1 |
Dass dies ausgerechnet unter dem international eher nicht so bekannten Trainer Sylvinho gelingt, ist auch so eine Geschichte. Der 49-Jährige schaffte es seinerzeit als Linksverteidiger zwar nach Europa und in die brasilianische Nationalelf - doch er blieb immer im Schatten von Roberto Carlos, der genau seine Position über Jahre in der "Selecao" besetzte.
Albanien - Team der Namenlosen
Sylvinho lässt durchaus offensiven Fußball spielen - auch wenn ihm in Albanien eher ein Team der Namenlosen zur Verfügung steht. Neben Gjasula gibt es nur eine handvoll Erstligaspieler aus den europäischen Ligen. Nedim Bajrami ist so einer. Der offensive Mittelfeldspieler agiert in der italienischen Serie A bei US Sassuolo, im Tor steht Etrit Berisha, der für Empoli ebenfalls in Italien im Kasten steht.
Für Atalanta Bergamo agiert Innenverteidiger Berat Djimsiti und auf der rechten Seite ist Lazios Elseid Hysaj gesetzt. Die meisten Treffer in den Qualifikationsspielen erzielte aber mit Jasir Asani einer, der auf Vereinsebene eher zweitklassig unterwegs ist.
Starspieler kommt noch dazu
Beim nordmazedonischen Traditionsklub Vardar Skopje wurde er einst Profi, 2017 zog es ihn dann nach Albanien zu FK Partizani. 2020 folgte ein kurzes und wenig erfolgreiches Intermezzo in Schweden bei AIK Solna, später in Ungarn. Seit Anfang dieses Jahres spielt er nun bei Gwangju FC in der 1. Liga in Südkorea.
Den eigentlichen Star haben die Albaner dabei sogar noch in der Hinterhand. Armando Broja, Stürmer vom FC Chelsea, war lange verletzt und kommt jetzt erst gerade wieder in die Spur. Er hat noch bei gar keinem der Qualifikationsspiele mitwirken können. Bei der EURO im nächsten Sommer wird er aber sicher gesetzt sein - denn es müsste wie gesagt mit dem Teufel zugehen, wenn Albanien diesen Sprung jetzt nicht schafft.