Liverpool gewinnt englischen Ligapokal Klopp emotional wie nie
Jürgen Klopp freute sich, als habe er mit dem FC Liverpool Meisterschaft und Champions League an einem Tag gewonnen, dabei es war es "nur" der englische Ligapokal. Die große Emotionalität hat ihren Grund.
Jürgen Klopp umklammerte die Trophäe noch auf dem nächtlichen Heimflug ganz fest und wollte sie einfach nicht aus der Hand geben. Das Bild des schlafenden Trainers mit dem Cup auf dem Schoß erhielt in den sozialen Medien über Nacht mehr als hunderttausend "Likes".
"In mehr als 20 Jahren ist das mit Abstand die wertvollste und speziellste Trophäe, die ich je gewonnen habe, absolut außergewöhnlich", sagte der Teammanager des FC Liverpool, nachdem seine Mannschaft im Londoner Wembley-Stadion gegen den FC Chelsea den englischen Ligapokal geholt hatte. Das entscheidende Tor zum 1:0-Erfolg köpfte der Niederländer Virgil van Dijk in der 118. Minute.
Klopp: "Ein Abend, den ich nie vergessen werde"
Das sind starke Worte. Klopp hatte schließlich 2019 mit den "Reds" die Champions League gewonnen und er hatte den stolzen Klub ein Jahr später zur ersten Meisterschaft seit 1990 geführt. Schon damals hatte er sich bei den Fans des Vereins praktisch unsterblich gemacht. Und dann diese Freude über den Sieg des Ligapokals, der in England in Sachen Bekanntheit und Prestige hinter dem FA Cup zurücksteht und ab und an auch despektierlich "Mickey Mouse Cup" genannt wird. "Es ist ein Abend, den ich nie vergessen werde. Wenn das sonst niemand so sieht, kein Problem. Für mich ist es eine wirklich schöne Erinnerung für immer", sagte der 56-Jährige.
Dazu muss man wissen, dass es in Liverpool gerade sehr emotional zugeht, was Jürgen Klopp betrifft. Der hatte Ende Januar angekündigt, den Klub zum Ende der aktuellen Saison nach neun Jahren zu verlassen.
Team will noch mehr Geschenke machen
Und seine Mannschaft ist offenbar wild entschlossen, dass Klopp das mit vier Titeln in der Hand tut. Die "Reds" haben als Spitzenreiter der Premier League gute Chancen auf die Meisterschaft, sind auch im FA Cup sowie in der Europa League noch im Rennen und werden dort jeweils auch hoch gehandelt. Ganz Fußball-England diskutiert schon, mit wie vielen Titeln sich der Coach von der Anfield Road verabschieden wird. Klopp ist mit anderen Worten auf Abschieds-Tournee und den Ligapokalsieg sieht er als das erste Geschenk, das sein Team ihm gemacht hat.
Und es hat sich dafür mächtig ins Zeug gelegt. Gegen den FC Chelsea war es ein hochklassiges, turbulentes, temporeiches und enges Finale mit vielen guten Chancen für beide Teams. Dabei musste Klopp an der Seitenlinie mächtig improvisieren. So musste er gegen die "Blues" unter anderem auf Alisson Becker, Trent Alexander-Arnold, Diogo Jota, Mohamed Salah, Darwin Nunez und Dominik Szoboszlai verzichten. Nach nicht mal einer halben Stunde musste Ryan Gravenberch mit einer Knöchelverletzung vom Platz.
Jürgen Klopp: "All die Kinder"
Klopp hatte deshalb die beiden 20-jährigen Conor Bradley und Harvey Elliott ins Rennen geschickt und wechselte später in Bobby Clark (19), James McConnell (19), Jayden Danns (18) und Jarell Quansah (21) gleich vier weitere Youngster ein.
"Ich bin mir sicher, dass die Leute dachten, als wir all die Kinder ins Spiel brachten: 'Okay, das war es jetzt, sie geben auf, sie haben am Mittwoch ein Spiel.' Aber das war wirklich nicht der Fall", erklärte der deutsche Teammanager. "Wir dachten, wir brauchen frische Beine. Und die Beine waren frisch, aber sehr jung. Sie haben den Job erledigt", lobte Klopp und konnte sich gar nicht beruhigen: "Was hier passiert ist, ist der absolute Wahnsinn. Was für eine Akademie voller Charakter. Es ist unglaublich, was passiert ist."
Persönliches Meisterwerk
So ist der Sieg als Klopps persönliches Meisterwerk zu sehen. "Klopps Kids gegen die blauen, millionenschweren Bottlejobs", spottete TV-Experte Gary Neville. Als Bottlejobs werden in England häufig Spieler bezeichnet, die unter großem Druck versagen. "Können Sie im Fußball Geschichten erschaffen, die garantiert niemand vergessen wird? Es ist so schwierig, weil alles schon einmal passiert ist. Aber heute Abend, eine Geschichte, bei der Akademie-Spieler gegen eine Spitzenmannschaft antreten und trotzdem gewinnen, davon habe ich noch nie gehört", sagte auch Klopp.
"Es ist ein besonderes Spiel. Besondere Spiele brauchen besondere Leistungen", hatte Klopps Assistent Pep Lijnders schon vor dem Anpfiff erklärt: "Ich glaube, man unterschätzt unseren Kader und die Persönlichkeiten in ihm. Viele dieser Jungs haben mit Liverpool noch nichts gewonnen, also geben sie natürlich alles.“
FC Liverpool am Mittwoch gegen Southampton
Bei aller Freude übte Klopp aber erneut Kritik am engen Terminplan. "Ich liebe dieses Land bis ins Kleinste, aber der Spielplan ist nicht dafür gemacht, viel zu gewinnen", sagte er. Schon am Mittwoch geht es weiter, dann empfängt Liverpool den FC Southampton im Achtelfinale des FA Cups. "Wir haben momentan kein Team für Mittwoch. Die Jungs, die heute reinkamen, können vielleicht wieder spielen", sagte Klopp und blieb optimistisch: "Irgendwie wird es gegen Southampton ein Team in Liverpool-Trikots geben."
Klopp sieht seinen Weggang nicht als Problem
Man mag sich gar nicht vorstellen, was in Liverpool los ist, sollten die "Reds" tatsächlich noch drei weitere Titel holen. Klopp sieht das nüchtern. "Mein Vermächtnis ist mir völlig egal. Ich bin nicht hier, um eines zu schaffen", sagte er zu den noch anstehenden Aufgaben: "Als Manager eines Fußballvereins ist man dazu da, seinen Job zu erledigen." Es sei deswegen auch kein Problem, wenn der Trainer geht. "Wenn diese Leute gehen würden - unsere Fans - wäre das ein Problem. Aber solange sie so sind, wie sie sind, wird es dem Liverpool Football Club gut gehen - und das ist das Wichtigste", betonte Klopp.