Alexandra Popp

Letztes Länderspiel ihrer Karriere Malocherin und Sprachrohr - Alex Popp feiert Abschied in Duisburg

Stand: 28.10.2024 08:09 Uhr

Am Montag (28.10.2024) bestreitet Alex Popp in Duisburg ihr letztes Spiel für die deutsche Nationalmannschaft. Für den Fußball der Frauen hat sie viel getan.

Von Inka Blumensaat

Beim Abschlusstraining vor dem Spiel lachte Alex Popp fast ohne Pause, in jedem Moment wurde deutlich: Sie ist mit der Entscheidung, nicht mehr für Deutschland zu spielen, im Reinen. "Es ist wirklich keine Wehmut dabei. Das zeigt mir auch, dass es der richtige Zeitpunkt war und ist, dass das Kapitel Nationalmannschaft jetzt auch ein Ende hat", sagte die Stürmerin auch in der Pressekonferenz am Vortag des Spiels gegen Australien.

Botschaft an die Mitspielerinnen

Bei dieser Partie wird sie das Team noch einmal als Kapitänin auf den Platz führen, ihre Auswechslung plant Bundestrainer Wück noch vor der Pause - das Spiel dient schließlich auch der Vorbereitung auf die EM im kommenden Jahr, bei der Alex Popp nicht mehr dabei sein wird. Sie hat eine Botschaft an die jüngeren Spielerinnen. "Was ich ihnen einfach mitgeben habe: Spaß daran zu haben, Fußball zu spielen. Jeden Moment aufzusaugen und zu genießen und sich selbst bewusst zu werden, was für eine Qualität eigentlich in einem steckt."

Debüt 2010 in Duisburg

Ihre eigenen Qualitäten hat sie in der A-Nationalmannschaft zum ersten Mal 2010 gezeigt. In Duisburg, wo sie auch im Verein spielte, brachte Bundestrainerin Silvia Neid die damals 18-Jährige Stürmerin ins Spiel. "Ich hatte schlottrige Knie. Ich weiß noch ganz genau, dass die Fans mich gefordert haben und das war schon ein sehr, sehr großer Moment mit Gänsehaut pur."

Viele große Momente im Nationalteam folgten - wie der Olympiasieg 2016. In 144 Länderspielen erzielte Popp 67 Tore - und das, obwohl sie einige Jahre im defensiven Mittelfeld und nicht im Sturm auflief. Mit ihrem späteren langjährigen Verein, dem VfL Wolfsburg hat sie sieben Meisterschaften gewonnen, mit dem VfL und dem FCR Duisburg 13 Mal den DFB-Pokal, das ist Rekord. Zweimal gewann sie die Champions League. Zuletzt holte sie mit der deutschen Auswahl im August bei den Spielen von Paris Bronze.

Bittere Rückschläge

Auf der anderen Seite stehen all die schlimmen Rückschläge. Die EM 2017 verpasste sie wegen einer Meniskusverletzung, bei der Euro 2022 schoss sie Deutschland nach einer langen Verletzungszeit bis ins Finale, das sie dann wegen muskulären Problemen versäumte, eine der bittersten Erfahrungen. "Im ersten Moment ist alles zerbrochen wie so ein Kartenhaus, was einfach ineinander gefallen ist", sagte sie damals nach dem Turnier. "Aber reibungslos hätte irgendwie auch nicht zu mir gepasst. Das wäre zu viel Happy End gewesen."

Die Gründe für den Rücktritt

Popp ist eine Malocherin, eine Fußball-Arbeiterin. Wenig bei ihr sieht leicht aus, ihre Durchsetzungs- und Leidensfähigkeit zeichnete sie aus, immer wieder biss die 33-Jährige bei Schmerzen in ihrem lädierten rechten Knie, auch der Fuß meldete sich nach einer Reizung immer mal wieder.  All das waren Gründe für den Rücktritt, dazu fühlt sie sich mental ausgebrannt. Hat sich aufgerieben in Gesprächen und Verhandlungen mit dem DFB, auch mit ihrem Star-Status kam sie nicht immer zurecht. "Irgendwie gibt's privat nicht mehr. Ich musste natürlich auch erst einmal damit umgehen, mich plötzlich überall zu sehen und zu lesen und auch angesprochen zu werden."

Marc Eschweiler, Sportschau, 28.10.2024 07:48 Uhr

Gesicht des Frauenfußballs

Nach der Euro 2022 stieg die Popularität des Frauenfußballs in Deutschland enorm, aus heutiger Sicht kann man sagen, dass es kein Hype, sondern eine nachhaltige Entwicklung war. Popp war die Kapitänin der Nationalelf, das bekannteste Gesicht, das größte Idol. Sie entwickelte sich mehr und mehr zum Sprachrohr, kämpfte für bessere Bedingungen, kämpfte für Spielerinnen, die unzureichend bezahlt werden, saß in Talkshows und sogar bei "Wetten, dass …" Der Aufschwung des Frauenfußballs ist untrennbar mit ihrem Namen verbunden.

"Poppi war über Jahre präsent, genau das brauchen wir. Wir brauchen Aufmerksamkeit, Spielerinnen, die vorangehen und Verantwortung übernehmen. Auch kleine Dinge anschieben, die zu großen werden", sagt Nationalspielerin Klara Bühl. "Sie ist ein riesiges Vorbild auf und neben dem Platz. So eine Persönlichkeit werden wir so bald nicht wieder erleben."

Abschluss mit Bronzemedaille

Bei der WM 2023 war die Stürmerin beim Vorrundenaus des deutschen Teams der einzige Lichtblick, auch danach blieb sie wichtig. Ihre Karriere im Nationalteam ist auch ohne EM- und WM-Titel keinesfalls unvollendet: Bronze bei Olympia in diesem Jahr, das ist ein gelungener Abschied nach mehr als 14 Jahren im DFB-Trikot, nach allem, was sie erlebt und was sie geleistet hat. Auch in Frankreich ging Popp voran und riss andere mit. Sie ist nicht die einzige Nationalspielerin mit Führungsqualitäten - und wird dennoch fehlen.

Kein Karriereende

Bei ihrem Verein, dem VfL Wolfsburg, spielt Alexandra Popp weiter, auch im kommenden Sommer ist kein Karriereende geplant. Sie liebt den Sport und das, was er auslösen kann. "Es ist für mich immer wieder total verrückt, dass man mit ein wenig Fußball und ein wenig "Ich" in dem Sinne Menschen so in den Bann ziehen kann und inspirieren kann, auch in anderen Lebensumständen immer weiterzumachen."

Aber jetzt steht erstmal das letzte Spiel beim DFB an - es könnte emotional werden. "Wenn es mich überkommt, werden die Tränen halt rollen und Ihr werdet es alle sehen, was ich sonst nicht so gerne habe", sagte sie gerichtet an die Journalisten in der Pressekonferenz. "Aber dann ist das halt so, das ist dann auch erlaubt."