FIFA Frauen WM WM-Novize Philippinen: Wundertüte hofft auf Wunder
Die Philippinen haben sich erstmals für eine Fußball-Weltmeisterschaft qualifiziert. Die Südostasiatinnen gehen als krasser Außenseiter in das Turnier in Australien und Neuseeland. Unterschätzen sollte die Konkurrenz den WM-Novizen aber besser nicht. Denn wo Philippinen draufsteht, ist ganz viel USA drin.
Gleich 18 Spielerinnen des 23-köpfigen Aufgebots sind in Amerika geboren und haben dort auch ihre fußballerische Ausbildung genossen. Hinzu kommen in Sara Eggesvik und Meryll Serrano (Norwegen), Jaclyn Sawicki (Kanada) und Angela Beard (Australien) vier weitere Akteurinnen, die nicht in dem Inselstaat das Licht der Welt erblickten.
Anicka Castañeda ist die einzige gebürtige Philippinerin im WM-Kader des australischen Coaches Alen Stajcic - eine Exotin sozusagen. Die Philippine Football Federation (PFF) war aus Mangel an Talenten in der Heimat gezwungen, sich weltweit nach Spielerinnen umzuschauen, die wegen ihres familiären Hintergrundes für das Land auflaufen dürfen.
"Rest der Welt ist uns 100 Schritte voraus"
"Fußball ist hier kein Volkssport", erklärte Verteidigerin Hali Long der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP). Die aus dem US-Bundesstaat Missouri stammende 28-Jährige verwies darauf, dass Basketball, Boxen und sogar Schönheitswettbewerbe weitaus mehr Anziehungskraft auf die Philippinerinnen und Philippiner haben würden. Dass sich das alsbald ändert, scheint trotz der erstmaligen Qualifikation eines Nationalteams für eine WM fast ausgeschlossen. Denn es mangelt in dem Inselstaat selbst an rudimentären Dingen wie Fußballplätzen sowie einer professionellen Ligastruktur bei den Frauen.
"Der Rest der Welt ist uns diesbezüglich 100 Schritte voraus", stellte Coach Stajcic ernüchtert fest.
Coach Stajcic Architekt des Aufschwungs
Der 49-Jährige ist der Architekt des philippinischen Erfolges. Erst seit 2021 im Amt, führte der Australier das Nationalteam beim Asiencup im vergangenen Jahr ins Halbfinale und löste damit das WM-Ticket. "Das war ein kometenhafter Aufstieg für die Mannschaft", erklärte Stajcic und verwies darauf, dass die Hälfte seiner Spielerinnen vereinslos sei und daher kein geregeltes Training habe. "Wir haben fast bei Null angefangen und es zur Weltmeisterschaft geschafft", sagte der Coach und titulierte das Erreichte als "Wunder".
In seiner Amtszeit hat sich die Auswahl der PFF auf Rang 46 der FIFA-Weltrangliste verbessert und damit die höchste Platzierung in der Verbandsgeschichte erreicht. "Die Herausforderung besteht nun darin, nicht damit zufrieden zu sein, was wir erreicht haben", erklärte der frühere Trainer der australischen Fußballerinnen.
Australierin Beard feiert in Australien Philippinen-Debüt
Ebenfalls aus Down Under kommt Angela Beard, die auch bereits für die "Matildas" in Freundschaftsspielen auflief, sich kurz vor der WM dann aber dazu entschied, in Zukunft das Trikot der Philippinen überzustreifen.
Verantwortlich dafür war Stajcic: "Ich kenne ihn schon seit einiger Zeit. Ich glaube, wir haben uns kennengelernt, als ich 16, 17 oder 18 war. Und er ist ein großartiger Trainer. Er hat einen großen Eindruck bei mir hinterlassen und war ausschlaggebend dafür, warum ich hierher auf die Philippinen gekommen bin." Ihre neuen Nationalmannschaftskameradinnen bezeichnete die 25-Jährige, deren Mutter aus Cebu stammt, als "sehr freundlich und talentiert".
WM-Generalprobe gegen Schweden verpatzt
Ob die fußballerische Substanz des WM-Novizen ausreichen wird, um die Gruppenphase zu überstehen, erscheint aber fraglich. "Dafür werden wir ein bisschen Glück brauchen", gibt sich Stajcic keinen Illusionen hin. Die Generalprobe für das Auftaktspiel am Freitag (21.07.2023, 7 Uhr) gegen die Schweiz verdeutlichte allerdings, dass es wohl etwas mehr als ein "bisschen Glück" bedarf für den krassen Außenseiter, um ins Achtelfinale einzuziehen. Im Duell mit Schweden setzte es eine 1:5-Niederlage, die sogar noch höher hätte ausfallen können.
- Spiele gegeneinander: erstes Duell
- FIFA-Ranking: Schweiz Platz 17 / Philippinen Platz 46
- Beste WM-Platzierung: Schweiz - Achtelfinale 2015 / Philippinen - erste Teilnahme
- Fun Fact: 22 Spielerinnen des 23-köpfigen WM-Aufgebots der Philippinen sind nicht auf den Philippinen geboren.