Traumtor und Sechs-Minuten-Einbruch FC Bayern nach Klatsche bei Man City vor dem Königsklassen-K.o.
Der FC Bayern München steht in der Champions League vor dem Ausscheiden im Viertelfinale. Im Hinspiel unterlag der deutsche Rekordmeister am Dienstag (11.04.2023) deutlich mit 0:3 (0:1) beim englischen Topklub Manchester City.
Im festlichen Ballroom des Clocktower Hotels konnten die Anwesenden Oliver Kahn in seiner Paraderolle als Mentalcoach erleben: "Ich habe im Fußball schon Unglaubliches erlebt", sagte der Vorstandschef des FC Bayern nach der Partie. "Wir haben die Pflicht, in diesem Rückspiel nochmal alles, was möglich ist, reinzuwerfen."
Leon Goretzka klang da schon etwas ernüchterter: "Wir werden da wieder draus lernen, aufstehen und im Rückspiel alles versuchen. Aber das ist natürlich eine miserable Ausgangssituation", sagte der Mittelfeldspieler.
Sie beide hatten zuvor ein Ausnahmespiel erlebt - und zwar von Beginn an. Das begann schon damit, dass sich der FC Bayern München mit der Rolle des Verteidigenden abgeben musste. Dass dies im Hinspiel des Viertelfinals in der Champions League bei Manchester City so sein wird, war aber erwartbar, entsprechend stellte Trainer Thomas Tuchel seine Mannschaft auch auf. Er brachte Serge Gnabry für Thomas Müller und setzte damit in der Offensive vor allem auf Schnelligkeit - das perfekte Mittel für Konter.
Spieler leiden unter Wind und Wetter
Zumindest die Anfangsphase gab Tuchel recht, die "Citizens" kontrollierten die Partie, hatten in den ersten zehn Minuten sogar zu 70 Prozent den Ball und auch erste Halbchancen. Bayern ließ sich aber darauf ein, den Fokus erstmal auf die Defensive zu legen und spielte vorrangig diszipliniert, wartete auf Möglichkeiten, die der offensive Gegner irgendwann bieten könnte.
Das Spiel hatte neben den beiden europäischen Topteams aber noch einen weiteren Faktor: das Wetter. Extrem starker Wind und viel Regen beeinflussten die Partie durchaus, nahmen ihr in der Anfangsphase ein Stück weit die Klasse, weil der Ball nicht so lief, wie sich die Spieler das gewünscht hätten. Auch die Standfestigkeit litt unter den schwierigen Platzverhältnissen.
Musiala beinahe mit der Bayern-Führung
Die erste Großchance der Partie erarbeiteten sich die Bayern. Leroy Sané spielte den Ball quer auf Jamal Musiala, dessen Schuss aus zwölf Metern Ruben Dias abblocken konnte (26. Minute). Ohne diese Rettungstat wäre der Versuch eingeschlagen, weil Torhüter Ederson bereits in die andere Ecke unterwegs war.
Im direkten Gegenzug fanden die Münchner jedoch keinen Retter und mussten mit ansehen, wie Man-City-Regisseur Rodri ein Traumtor gelang. Der Spanier legte sich den Ball auf seinen vermeintlich schwächeren linken Fuß und zirkelte ihn aus 22 Metern gefühlvoll ins lange Eck - das 1:0 für das Team von Trainer Pep Guardiola (27.).
Sané vs. Ederson
Kurz darauf musste Sommer mit einem großartigen Reflex den zweiten Gegentreffer verhindern. Bei einer Flanke von Kevin De Bruyne verschätzte sich - vor allem windbedingt - Dayot Upamecano, worauf der Torhüter erst vor Jack Grealish retten musste und dann am Boden liegend nach dem Schuss von Ilkay Gündogan blitzartig den Fuß hochriss (34.). Die größte Möglichkeit auf den Ausgleich hatte dann Sané wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff mit einem Fernschuss, der knapp am Tor vorbeiflatterte (45.+2).
Auch kurz nach Wiederbeginn versuchte es Sané aus der Distanz, diesmal parierte Ederson mit dem linken Arm (46.). Auch zwei Minuten später kam der Nationalspieler zum Abschluss, diesmal aber aus deutlich gefährlicherer Position im Strafraum, und in diesem Fall musste Ederson sein ganzes Können zeigen, um den Flachschuss abzuwehren (48.). Der brasilianische Schlussmann entschied auch im dritten Versuch das Privatduell gegen Sané für sich, da war es ein Schuss aus 23 Metern (54.).
Sommer stark, Upamecano aber nicht
München war in dieser Phase die klar bessere Mannschaft, doch City zeigte auch, dass immer mit ihnen zu rechnen ist. Erst musste Sommer den Schuss von Nathan Aké abwehren (56.), nach der anschließenden Ecke den Versuch von Dias (57.). Beide Torhüter zeigten in den ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit ihre Klasse auf der Linie.
Insgesamt entwickelte sich zunehmend eine Partie auf hohem Niveau, auch weil sich das Wetter normalisierte. Das City-Bayern-Duell entsprach immer mehr dem, was sich im Vorfeld von ihm versprochen wurde - mancherorts war die Rede von einem vorweggenommenen Finale. Ein Bayern-Spieler präsentierte sich jedoch nicht in Endspiel-Form - und einer seiner vielen Fehler führte dann zum 2:0 für die Gastgeber. Upamecano verlor den Ball unnötig an Grealish, dessen Pass Haaland für eine gefühlvolle Flanke auf Bernardo Silva nutzte, der per Kopf traf (70.). Tuchel wollte seinen jungen Innenverteidiger nicht zu sehr kritisieren: "Er hat sehr stark gespielt, abgesehen von den zwei, drei Situationen, wo er die Entscheidung für sehr viel Risiko genommen hat."
Bayern nach Sechs-Minuten-Einbruch schon fast raus
Dieser Moment setzte den Bayern ganz offensichtlich zu. Das Guardiola-Team übernahm wieder die Kontrolle und kam immer wieder gefährlich vor das gegnerische Tor. Sommer musste gegen Julian Alvarez mit einer weiteren starken Tat das dritte Gegentor verhindern (75.). Nur eine Minute später war aber auch der Schweizer erneut machtlos, Haaland durfte völlig unbedrängt sein erstes Tor des Abends und damit den elften persönlichen Treffer im Wettbewerb erzielen (76.).
Nachdem die Bayern eigentlich ein starkes Spiel abgeliefert hatten, drohte ihnen nun schon der komplette Königsklassen-Knockout. City stürmte weiter, hatte weitere Chancen auf das vierte Tor. Einzig Sommer bewahrte sein Team davor, unter anderem mit einer Glanztat nach dem Kopfball von Rodri (86.). Doch auch mit einem 0:3 im Gepäck sind die Aussichten für das Rückspiel nächste Woche Mittwoch (19.04.2023) in München äußerst dürftig.
Guardiola lobt seine Verteidiger
City-Trainer Guardiola wusste trotz des hohen Sieges, dass er sich auch bei seiner Defensive verdanken musste. "Bayern hatte die Chancen, Tore zu schießen. Ich habe das Gefühl, dass es Teams in dieser Saison gab, die weniger Gelegenheiten hatten, aber trotzdem getroffen haben", sagte der 52-Jährige. "Unsere Abwehrspieler waren aber so fokussiert, das war großartig. So stabil zu sein, ist ganz wichtig in diesem Wettbewerb."
Glücklich war auch Bayern-Trainer Tuchel - abgesehen vom Ergebnis. "Das Resultat ist schlimm, aber die Leistung war es nicht. Ich habe es geliebt, wie wir gespielt haben und ich bin stolz auf unsere Leistung", sagte der Neu-Münchner (seit zwei Wochen im Amt). "Wir wurden brutal bestraft, weil wir in dem Moment, in dem wir das Spiel dominiert haben, einen Fehler gemacht haben. Wir werden im Rückspiel alles versuchen und geben nicht auf."