VAR-Variante Challenge-System - Schiri-Chef zeigt sich offen
DFB-Schiedsrichter-Chef Knut Kircher hat sich grundsätzlich offen für ein Challengesystem beim Video-Assistenten gezeigt. Derzeit wird ein kostengünstiges System der FIFA für kleinere und finanzschwächere Wettbewerbe getestet.
Im Interview mit der Sportschau sagte Kircher: "Wir als Schiedsrichter sind allem gegenüber aufgeschlossen, was dem Fußball guttut. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der Video-Support dem Fußball guttut. Wir sind für das Thema offen, wenn die Vereine - egal welcher Liga - entscheiden, sie würden dieses oder andere Systeme gerne haben wollen."
Die DFL, zuständig für die Bundesliga und die 2. Bundesliga, arbeitet derzeit wie alle Topligen und alle anderen wichtigen Wettbewerbe mit dem Video-Assistenten (VAR). Der Ligaverband teilte auf Sportschau-Anfrage mit, dass er sich zurzeit nicht mit dem Video-Support beschäftige.
VAR-Alternative für finanzschwache Ligen
Anders als beim VAR gibt es beim Video-Support keinen zusätzlichen Video-Assistenten. Der Schiedsrichter sieht sich die Szene am Spielfeldrand selbst an. Da auch weniger Kameras gebraucht werden, gilt das System als kostengünstige VAR-Alternative vor allem für finanzschwächere Ligen. Die FIFA hatte die Technik zuletzt unter anderem bei der U20-WM der Frauen im September getestet.
Als erste große europäische Fußballnation hatte Italien zuletzt angekündigt, den Video-Support in der dritten Spielklasse (Serie C) testen zu wollen. Das Prinzip ist bereits aus Sportarten wie Tennis, Basketball oder American Football bekannt: Trainer können eine "Challenge" ziehen, wenn eine Schiedsrichter-Entscheidung überprüft werden soll. Die Anzahl der möglichen Eingriffe ist dabei begrenzt.
In Deutschland wäre die Technik etwa für die 3. Liga oder die Frauen-Bundesliga interessant, in der es aktuell aus Kostengründen keinen Videobeweis gibt. DFB-Geschäftsführer Manuel Hartmann sagt mit Blick auf den Testlauf in Italien: "Wir verfolgen es mit hohem Interesse, wenn eine 3. Liga einer anderen großen europäischen Fußballnation ein solches Modell testet. Wir sind auf die Erfahrungen gespannt und werden uns über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten."
Fanvertreter befürwortet Challenge-System
Angesichts der vielen Diskussionen über den VAR hält Fanvertreter Jost Peter den Video Support aber auch in größeren Ligen für eine denkbare Alternative zum VAR. "Dieses Modell bringt den Vorteil, dass klar strukturiert ist, wann der Videobeweis zum Einsatz kommt, nämlich nur auf Aufforderung. Das macht es für die Fans im Stadion klar und nachvollziehbar. Und der Schiedsrichter wird wieder zur entscheidenden Figur auf dem Platz, denn es gibt keinen Neben-Schiedsrichter mehr", meint der Vorsitzende des Fanbündnis Unsere Kurve.
Das Fanprojekt von Borussia Mönchengladbach hatte in einer Petition zuletzt gar die komplette Abschaffung des Videoassistenten gefordert – unterschrieben von mehr als 10.000 Fans. Peter betont zwar, dass dies nicht die Haltung aller Fans widerspiegele und viele den VAR - in einer überarbeiteten Form - erhalten wollen.
Doch für den Zustand des Videobeweises findet auch er klare Worte: "Der ist grottenschlecht", schimpft Peter und stellt fest: "Schiedsrichter werden entmündigt, auch wenn es faktisch nicht so sein soll. Entscheidungen werden verzögert und es wird gewartet, bis der VAR eingreift. Und die Stimmung im Stadion leidet extrem."
Scharfe Fan-Kritik am VAR - Kircher räumt Fehler ein
DFB-Schiedsrichter-Chef Kircher räumt ein, dass der VAR zuletzt teilweise "zu kleinteilig, zu detektivisch" gewesen sei und zu oft in Entscheidungen im "Graubereich" eingegriffen habe. Er mahnt deshalb, sich wieder auf die ursprüngliche Idee des VARs zurückzubesinnen: klare Fehlentscheidungen zu korrigieren.
Seine Definition davon? "Wenn ich als Zuschauer mit Ruhepuls vor dem Fernseher sitze und sage: 'Das war jetzt falsch.' Dann ist es klar. Im Graubereich hat der VAR nichts zu suchen."