Startschuss von "Fortuna für alle" Düsseldorfs Weg zurück mit kostenlosen Tickets
Am Samstag (21.10.2023) spielt Fortuna Düsseldorf in der 2. Liga vor ausverkauftem Haus gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das Besondere: Kein Fan hat für sein Ticket Geld bezahlt. Es wird die Premiere von "Fortuna für alle".
Eins ist sicher: Fortuna Düsseldorf wird am Wochenende Geschichte schreiben. Zum ersten Mal werden im Profifußball alle Fans im Stadion ihre Eintrittskarte kostenlos erhalten haben. War das bisher nur über ein Gewinnspiel oder als Geschenk möglich, will der Zweitligist in der Zukunft bei jedem Ligaspiel sein Stadion füllen, ohne auch nur einen Cent von den Menschen dafür zu kassieren, die auf den Tribünen stehen und sitzen. Am Samstag fällt gegen den 1. FC Kaiserslautern der Startschuss von "Fortuna für alle".
Ende April hatten die Klub-Verantwortlichen um CEO Alexander Jobst ihr neues Konzept mit viel Tamtam vorgestellt und bekamen plötzlich weltweite Presse. Neben all der Wertschätzung, die dieses Vorhaben mit sich brachte, gab es aber auch Skepsis. Ist dies ein PR-Gag? Hat das überhaupt Zukunft? An diesem Wochenende zeigt sich, wie ernst es Fortuna, das für das Konzept den "World Football Summit Award 2023" in der Kategorie "Most Impactful Branding in Football" gewann, wirklich meint.
Fortuna hat den Anschluss verloren
"'Fortuna für alle' ist unsere Antwort auf die Herausforderungen des Profifußballs, ein neues Geschäftsmodell und ein Konzept mit Überzeugung für den Standort Düsseldorf", sagte Jobst im Sportschau-Gespräch. In den vergangenen 25 Jahren hat sein Klub nur drei Saisons in der Bundesliga bestritten, und gerade finanziell den Anschluss an viele Vereine verpasst. Und weil Fortuna ein eingetragener Verein bleiben und sich nicht von Investoren finanzieren lassen will, gleichzeitig aber die TV-Einnahmen schrumpfen, mussten Jobst und Co. handeln. Das Ergebnis dieser Überlegungen zeigt sich nun.
Die Partie gegen Lautern wird eine von dreien in dieser Saison (die als Pilotphase ausgerufen wurde), in der die Zuschauer keinen Eintritt zahlen müssen. Die Auswahl dieses Spiels ist schon ein Beleg dafür, wie ernst es Düsseldorf ist. "Fortuna für alle" ist weder ein PR-Gag noch ein verzweifelter Versuch, das Stadion vollzumachen. Denn dann hätte der Klub andere Gegner gewählt als die "Roten Teufel" sowie in der Rückrunde Eintracht Braunschweig und FC St. Pauli, die stets selbst auch viele Fans mitbringen.
Düsseldorfs Marcel Sobottka (l.) im Zweikampf gegen Lauterns Marlon Ritter
Düsseldorf will wirtschaftlich wachsen
Nun ist "Fortuna für alle", und das betonen auch die Verantwortlichen immer wieder, auch kein Wohltätigkeitsprojekt. Düsseldorf macht das, um wirtschaftlich zu wachsen und erfolgreich zu sein. Um endlich wieder ein dauerhafter Bundesliga-Klub zu sein und nicht nur ein Verein, der hin und wieder mal reinschnuppern darf. Und dafür braucht es zahlungskräftige Sponsoren.
Mit Hauptsponsor Targobank, Hewlett Packard und der Provinzial stellte Düsseldorf im April die drei Unternehmen vor, die den Start des Vorhabens möglich machten. 45 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren sicherten sie zu - doch einer dieser Sponsoren ist bereits abgesprungen. Die Provinzial beendete die Zusammenarbeit, bevor sie losging.
Klub gibt keine Daten raus
Ein schmerzhafter Rückschlag für die Fortuna, aber wieder ein Moment, um zu verdeutlichen, das sie ihr Wort halten will. Denn: Die Versicherungsgesellschaft trat zurück, weil die Düsseldorfer ihr die Weitergabe der Daten der Ticket-Bewerber verweigerten. Auch dieser Punkt hatte Skepsis ausgelöst.
Damit hat Düsseldorf nur noch zwei Geldgeber ("Common Goal" ist zwar auch Partner, aber unterstützt nicht finanziell) und viele stellen sich die Frage: Warum wurde in einem halben Jahr seit der Bekanntgabe kein neuer Sponsor gefunden? Jobst und Co. verweisen dabei stets darauf, dass es sich nicht um ein normales Sponsoring handelt, sondern um deutlich mehr.
Außerdem wollten viele Firmen, mit denen - laut Vereinsverantwortlichen aussichtsreiche - Gespräche geführt wurden, erst abwarten, wie die Premiere gegen Kaiserslautern läuft. In diesem Jahr sollen aber gerade nach einem positiven Verlauf weitere Partner vorgestellt werden.
Fortuna verdient als Mieter nicht an Speisen und Getränken
"Wenn Stadt, Fortuna und Unternehmen an einen Tisch kommen, werden wir erfolgreich sein - sportlich und wirtschaftlich. Nach einem erfolgreichen Start braucht es weitere Partner, wir führen die Gespräche dazu", sagte Jobst der Sportschau. Der Fortuna-CEO hat dabei zwei Baustellen: Er wirbt um neue Sponsoren, versucht aber auch die Stadt Düsseldorf davon zu überzeugen, mehr Rechte im Stadion zu bekommen.
Fortuna-CEO Alexander Jobst
Der Klub ist nur Mieter und verdient bislang nichts an den Einnahmen für Bratwurst, Bier und Co. - Jobst will das ändern. Doch bisher gab es nur Lippenbekenntnisse von Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). Immerhin: Eine Arbeitsgruppe befasst sich aktuell mit dem Thema, spätestens ab der nächsten Saison soll es grundlegende Änderungen geben. Schon beim Lautern-Spiel soll Fortuna teilweise mitverdienen.
Seit 2020 nur ein ausverkauftes Spiel
Für die Premiere soll es nach Klubangaben 120.000 Anfragen für Tickets gegeben haben. Eine Anzahl, die erstmal enorm zu sein scheint, aber einzuordnen ist. Schließlich wird es auch Mehrfach-Bestellungen gegeben haben - Fortuna appellierte zwar an die Fans, dass es aus einer Besuchergruppe nur eine Person versucht, Tickets zu bekommen, doch schon allein, um die eigene Chance zu vergrößern, werden sich viele daran nicht gehalten haben. Zu glauben, 120.000 Personen wollten beim Spiel dabei sein, wäre illusorisch.
Spieltag | Gegner | Zuschauer |
---|---|---|
26. Spieltag 2022/23 | Hamburger SV | 52.200 |
17. Spieltag 2022/23 | 1. FC Kaiserslautern | 44.422 |
1. Spieltag 2023/24 | Hertha BSC | 40.466 |
15. Spieltag 2022/23 | FC St. Pauli | 36.430 |
33. Spieltag 2022/23 | Hannover 96 | 35.512 |
Das Wichtigste für Fortuna aber ist: Das Stadion ist voll. In der vergangenen Saison war das einmal der Fall, als der Hamburger SV mit etwa 20.000 Fans nach Düsseldorf reiste, davor hatte der Klub 2020 zuletzt in einer vollen Arena gespielt. "Ich habe schon eine Menge erlebt, aber so ein Projekt und so einen Weg sind die Mannschaften, bei denen ich bisher war, nicht gegangen. Von daher bin ich persönlich unheimlich gespannt, was uns da erwartet. Der ganze Verein ist unter Spannung", sagte Sportvorstand Klaus Allofs am Mittwoch (18.10.2023).