Tim Kleindienst

Gladbach plötzlich Europa-Kandidat Kleindienst und zwei große Überraschungen

Stand: 28.11.2024 19:16 Uhr

Borussia Mönchengladbach hat sich in der Bundesliga enorm stabilisiert und tritt am Samstag (15.30 Uhr, Live-Ticker bei sportschau.de und Ausschnitte in der Sportschau) als Tabellensechster beim SC Freiburg an. Neben Tim Kleindienst liegt das auch an einem Duo, das vor der Saison kaum jemand auf dem Zettel hatte.

Innenverteidiger Marvin Friedrich galt vor dem Saisonstart maximal als Backup für das Stammduo Ko Itakura und Nico Elvedi, phasenweise war sogar der italienische Junioren-Nationalspieler Fabio Chiarodia an ihm vorbeigezogen. Im Tor hatte sich Trainer Gerardo Seoane eindeutig zu Jonas Omlin als Nummer Eins bekannt, der Schweizer Goalie ist auch Kapitän dieser Mannschaft.

Doch durch eine erneute Verletzung von Omlin kehrte Moritz Nicolas am 4. Spieltag zwischen die Pfosten zurück, so wie in der Vorsaison nach dessen Schulter-Operation. Jetzt ist Omlin wieder fit, doch Seoane hat Nicolas im Tor belassen - der Trainer honorierte damit die stabilen Leistungen des einstigen Herausforderers.

Friedrich hat Elvedi verdrängt

So könnte das dann nun auch bei Friedrich sein. Beim 2:0 gegen den FC St. Pauli am vergangenen Sonntag saß Elvedi 90 Minuten auf der Bank und sah eine herausragende Leistung seines neuen Konkurrenten: Friedrich gewann all seine elf Zweikämpfe, hielt die Abwehr zusammen und hatte auch hervoragende Passwerte.

Marvin Friedrich bei einem gewonnen Kopfballduell

Marvin Friedrich bei einem gewonnen Kopfballduell

Wenn Seoane nun ähnlich konsequent wie bei seinem Torwartduell agiert, muss sich Elvedi längerfristig mit der Reservistenrolle anfreunden. Auf die Frage der Sportschau nach diesem Zweikampf sagte Seoane bei der Pressekonferenz am Donnerstag: "Natürlich spielt auch immer eine Rolle, was für Leistungen ein Spieler vor seiner Verletzung gezeigt hat, und die waren bei Nico sehr stabil. Aber natürlich berücksichtige ich jetzt auch die Leistung des Konkurrenten. Es wird eine schwere Entscheidung, aber das ist mir auf jeden Fall lieber, als wenn sich die Mannschaft von selbst aufstelllt."

Tiefer stehen, um keine Räume herzugeben

Taktisch spielt Gladbach mit Friedrich allerdings etwas anders als mit Elvedi. Da Friedrich weder besonders schnell noch besonders wendig ist, reiht Seoane die Abwehr mit dem Ex-Union-Verteidiger näher zum eigenen Tor auf. Damit ergeben sich in Friedrichs Rücken zwar keine Räume für tiefe Läufe von schnellen Stürmern. Gegen St. Pauli wirkte es aber phasenweise auch alles andere als europa-tauglich, sich trotz einer Zwei-Tore-Führung mit acht, neun Spielern im und am eigenen Strafraum einzumauern - und das in einem Heimspiel.

Nur Kleindienst ist wirklich konkurrenzlos

Deshalb ist es auch gut möglich, dass Seoane bald wieder auf Elvedi setzt, mit dem er viel aktiver nach vorn verteidigen kann. Seoane: "Grundsätzlich bin ich aber froh, dass ich solche Probleme habe, denn der Konkurrenzkampf bringt jeden einzelnen weiter. Wichtig ist mir aber, dass alle bei uns den Teamgedanken nach vorne stellen. Natürlich sind das alles Wettkampftypen, die unbedingt auf den Platz wollen. Aber da müssen sie dann ihr Ego auch mal hintenan stellen."

Die einzige Position, auf der praktisch gar kein Konkurrenzkampf herrscht, ist aktuell die des Mittelstürmers. Kleindienst hat bereits sieben Saisontore erzielt, sich in der Nationalmannschaft bei Julian Nagelsmann etabliert und hätte gegen St. Pauli fast schon seinen fünften Assist beigesteuert - wenn Alassane Plea nach seinem Traumpass nicht frei vor dem leeren Tor gescheitert wäre.

Nagesmann empfiehlt weniger Laufarbeit

Es war eine Szene, in der sich Kleindienst als Vorlagengeber im Mittelfeld aufgehalten hatte. Bei der Nationalelf hatte es darüber zuletzt Diskussionen gegeben. "Tim soll gar nicht so wie ein Wiesel überall auf dem Platz herumlaufen, das kostet ihn Torgefahr", hatte Nagelsmann zuletzt empfohlen. Seoane gab zu, sich darüber auch Gedanken zu machen: "Wir diskutieren ständig, in welchen Räumen sich Tim am besten bewegt. Aber Deutschland spielt schon einen deutlich dominanteren Fußball als wir. Bei uns ist es auch enorm wichtig, dass Tim in der Defensive mitarbeitet.

Manager Roland Virkus ist davon beeindruckt: "Bei gegenerischen Standards ist es Wahnsinn, was Tim da hinten bei uns alles rausschädelt. Er ist ein Typ, der die ganze Mannschaft mitreißt, weil er immer arbeiten und sich immer verbessern will. Er ist ein Typ, der vorangeht und immer Klartext redet, auch in der Kabine. Das alles sind schon Bausteine, die uns in der Zeit vor ihm gefehlt haben."

Virkus will "demütig bleiben"

Die Diskussion, ob das alles nach dem Fastabstieg der Vorsasion jetzt für die Rückkehr nach Europa reicht, schieben die Verantwortlichen gerne noch von sich. "Unsere Fans dürfen sehr gerne träumen, für uns geht es aber darum, uns zu stabilisieren und noch weitere Fortschritte zu machen", sagt Seoane dazu. "Unser Offensivspiel gegen St. Pauli war vor allem in der zweiten Halbzeit nicht sauber und klar genug, das müssen wir in Freiburg besser machen."

Das sieht auch Virkus zu: "Wir haben noch in einigen Punkten Luft nach oben, wir gehen Schritt für Schritt vor. Uns steht es auf jeden Fall gut zu Gesicht, demütig zu bleiben. Das heißt aber nicht, dass wir nicht maximal ambitioniert sind und da sein wollen, wenn sich eine Lücke auftut."