Podcast "Ball you need is love" Freiburgs Trainer Streich - "Für mich ist es auch anstrengend am Spielfeldrand mit mir"
Seit Januar 2012 ist Christian Streich Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg. Der 58 Jahre alte Fußballlehrer gibt im Podcast "Ball you need is love" bei Arnd Zeigler tiefe Einblicke in die Facetten seines Berufs und erklärt, warum die Dauer seiner Beschäftigung im Breisgau nicht nur ungewöhnlich lange, sondern auch so erfolgreich verläuft.
Angefangen habe alles damit, dass Streich als Kind immer auf dem Fußballplatz war: "Vier, fünf Stunden, jeden Tag nach der Schule." Und das Geld für ihre Lederbälle erkauften sich die Kinder damals: "Bei uns gab es immer Schnecken auf den Speisekarten der Gaststätten. Also haben wir morgens 30 Kilo Schnecken gesammelt und die dann verkauft. Dafür gab es dann einen Lederball."
Fest verwurzelt mit der Heimat
Streich ist mit seiner Heimat fest verwurzelt. Als Kind besuchte er zwar auch viele Spiele beim FC Basel, war Anhänger des FC Bayern. Aber sein persönliches fußballerisches Epizentrum ist Freiburg. Mit elf Jahren Beschäftigungsdauer ist er nach dem Heidenheimer Frank Schmidt der dienstälteste Fußballtrainer in der Bundesliga.
"Das hat mit der Stadt zu tun", sagt Streich. "Ich bin doch schon so lange hier, die Leute kennen mich. Es ist eine spezielle Situation bei uns, das ist nicht vergleichbar mit anderen Vereinen." Dass er in Ruhe arbeiten könne, führt der Fußballlehrer auch darauf zurück, dass er mit keinem Medium eng zusammenarbeite: "Hier wird nichts ausgeplappert oder durchgestochen, wenn wir etwas besprechen."
Streich: "Es geht viel um persönliche Kontakte"
Streich hat neben seiner Leidenschaft für den Fußball auch ein großes Faible für die Entwicklung der Spielerpersönlichkeiten. "Das Schönste in meinem Beruf ist die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten. Ich kann ganz viele aus unserer jetzigen Mannschaft aufzählen, bei denen ich sehr dankbar bin, dass ich mit ihnen zusammenarbeiten darf." Die Spieler würden zusammen mit Streich älter und hörten dann aber irgendwann auf zu spielen. "Und dann kommen wieder Junge und ich darf mit denen arbeiten. Das ist sehr sehr schön."
"Ich finde, ich bin schon viel ruhiger geworden"
"Es ist wichtig, sich für die Spieler zu interessieren", sagt Streich, "jeder hat seine Eigenheiten, mit denen man umgehen muss. Wenn man ein bisschen was mitkriegt, bisschen was spürt, dann hat man ein ganz anderes Verständnis für sein Gegenüber."
Auch mit seinen Eigenheiten geht er offen um: "Für mich ist es auch anstrengend am Spielfeldrand mit mir. Ich finde, ich bin schon viel ruhiger geworden", sagt er. "Aber ich bin manchmal impulsiv, das ist viel besser geworden, aber da muss ich dran arbeiten. Das wird eine Aufgabe bis an mein Lebensende sein."
Kritischer Blick auf zunehmende Kommerzialisierung und politische Einflussnahme
Der Entwicklung im Fußball steht Streich sehr kritisch gegenüber: Wenn Menschen die Champions League nicht mehr verfolgen würden, weil dort mit unfairen finanziellen Mitteln gearbeitet würde, habe er ihnen keine Argumente entgegenzusetzen. Auch die zunehmende Einflussnahme der Politik auf den Sport durch viele unterschiedliche Staaten lehnt der leidenschaftliche Fußballfan ab.
Doch Streich ordnet auch ein: "Der SC Freiburg ist kein Gegenentwurf zu allem. Wir sind auch mit dabei, auch bei uns verdient man wahnsinnig viel Geld. Aber man soll nicht alles mitmachen, um noch mehr Geld zu kriegen. Wir versuchen, ein paar Dinge anders zu machen."
Großer Traum: "Etwas Rundes geschaffen zu haben"
Verständnislos steht Streich der Forderung einiger Medien gegenüber, dass etwa auch vor Bundesligaspielen mit den Spielern Interviews geführt werden dürften. "Meine Meinung ist völlig konträr zu dem, wie es ist. Die ganzen Vereine machen ihre Kabinen auf, zeigen sich. Es geht um Entblößung", sagt der Trainer und beschreibt, dass seiner Meinung nach die ganze Gesellschaft darauf ausgerichtet sei.
"Einerseits wird es immer konservativer in gewissen Bereichen und andererseits findet die völlige Entblößung statt. Da bin ich dagegen. Eine Kabine ist ein letzter Rückzugsort, wo wir Ruhe finden. Das ist eine Respektszone."
Für seinen persönlichen Abschied wünscht sich Streich, dass er irgendwann aufhören könnte und sähe, dass es positiv mit seinem Verein weiterginge, "dann hätte man etwas Rundes geschaffen".