Fußball und Politik "Aufstehen, ganz klare Kante" - Streichs Warnung vor Rechts
Die politisch unruhige Lage lässt auch den Fußball nicht kalt. Angeführt von Freiburgs Trainer Christian Streich beziehen manche Klubs Stellung, andere schweigen.
Bei einer Pressekonferenz wurde der Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg, der sich schon in der Vergangenheit immer wieder gegen Parteien wie die AfD positioniert hat, so deutlich wie vielleicht nie zuvor.
"Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Das steht außer jeder Frage. Es ist fünf Minuten vor zwölf. Wer jetzt nichts tut, hat in der Schule und in Geschichte nichts verstanden", sagte Streich, der am Mittwoch (17.01.2024) mit anderen Vertretern des Sport-Clubs in Freiburg an einer Demonstration gegen das rechte Lager teilgenommen hatte. Streich also hatte eine Meinung - und diesmal war er nicht allein.
Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald etwa forderte ein "lautes, entschiedenes Signal gegen jegliche Form von Ausgrenzung, Intoleranz und Diskriminierung." In Bremen wird am Sonntag (21.01.2024) demonstriert, in Mainz war dies bereits am Donnerstag der Fall. "Mainz bleibt stabil", schrieben die 05er bei X (ehemals Twitter).
Tuchel: "Da stehen wir 1.000 Prozent dagegen auf"
Bei der Pressekonferenz zum Ligaspiel gegen Werder Bremen bezog auch Bayern-Trainer Thomas Tuchel am Samstag eindeutig Stellung. "Zum Thema Rechtsextremismus muss man ganz klar sagen, können nicht genug aufstehen. Da stehen wir 1.000 Prozent dagegen auf, da gibt es keinen Zweifel, gegen jede Art von Extremismus. Und da kann es dann auch keine Stimme zu viel geben", sagte der 50 Jahre alte Fußballtrainer.
Auch Hannover 96 positionierte sich: "Samstag ist ein wichtiger Tag. Wir hoffen auf einen erfolgreichen Rückrundenauftakt und auf viele Menschen, die Haltung zeigen und auf die Straße gehen."
"Aufstehen, ganz klare Kante" - Streichs Forderungen an die Gesellschaft
Am deutlichsten aber wurde Streich, der sich schon in der Vergangenheit immer wieder deutlich gegen Parteien wie die AfD positioniert hatte. Streich appellierte an die gesamte Gesellschaft. "Fußballfans sind Bürger, Fußballtrainer sind Bürger, Wirtschaftsbosse sind auch Bürger. Jeder in diesem Land ist aufgerufen, aufzustehen und sich ganz klar zu positionieren", sagte er: "Aufstehen, ganz klare Kante, nichts anderes. Es kann keiner mehr sitzen bleiben. Jeder ist selbst verantwortlich."
Explizit warnte Streich vor der AfD. "Es kann mir keiner kommen und sich als Protestwähler bezeichnen. Es soll mir keiner rumjammern, wenn er hinterher von einer rechtsnationalen Partei autokratisch regiert wird", sagte Streich. "Ich lebe seit 58 Jahren als freier Mensch in einer Demokratie. Dafür bin ich unendlich dankbar. Was da für ein Vokabular verwendet wird, ist unglaublich."
Die AfD liegt derzeit in Umfragen auf einem Rekordhoch. Und es gibt noch eine weitere Entwicklung: Das Medienhaus "Correctiv" hatte in der vergangenen Woche über ein Treffen vom 25. November 2023 berichtet, bei dem Rechtsradikale in einer Potsdamer Villa mit Politikern von AfD und CDU zusammengekommen waren.
Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, sprach dort nach eigenen Angaben über "Remigration". Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Als Reaktion darauf gab es an den vergangenen Tagen in mehreren Städten Demonstrationen gegen die Rechte.
Rose - "Aufstehen gegen Dummheit und Rechtsextremismus"
Auch deshalb setzten sich viele Klubs mehr denn je für die demokratischen Grundwerte sowie gegen Rechtsextremismus ein. Die Vereine riefen ihre Fans dazu auf, ihr Anliegen zu unterstützen.
"Was auf jeden Fall eine überragende Aktion war, war die Aktion auf dem Heumarkt", sagte der Kölner Verteidiger Timo Hübers mit Blick auf die jüngste Großdemonstration in der Domstadt: "Ich glaube, man muss nicht meinungsstark sein, um gegen rechts zu sein. Und wenn man dann sieht, wie viele sich in so kurzer Zeit mobilisieren lassen, dann zaubert mir das zumindest ein Lächeln aufs Gesicht."
Und Leipzigs Trainer Marco Rose sagte: "Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man gegen Dummheit und Rechtsextremismus in jeder Form aufsteht. Ich finde es gut, dass die Leute das auch machen, dass sie klar Flagge zeigen und auf die Straße gehen."
In Hamburg gilt: Demo ist auch, wenn Fußball ist
Es war keine Überraschung, dass auch Oke Göttlich sich als Präsident des FC St. Pauli zu Wort meldete. Göttlich hatte Wichtigeres auf dem Herzen als Fußball. "Hamburg steht auf" lautete das Motto der Demo gegen Rechtsextremismus, zu der am Freitag (19.01.2024) auch der Präsident des FC St. Pauli aufgerufen hatte. Der zeitgleiche Zweitliga-Start? Nebensache, auch viele Fans des Hamburger SV schlossen sich an.
"Um es klar zu sagen: Das freiheitliche, demokratische Zusammenleben unserer Stadt wird bedroht", schrieb der Supporters-Club der HSV und rief seine mehr als 65.000 Mitglieder zur Teilnahme an der Demo auf. Den Präsidenten Göttlich vom rivalisierenden FC St. Pauli dürfte es gefreut haben.