Saisonstart der DEL 2023/24 Powerplay auf dem Transfermarkt
Wahrscheinlich war es selten so schwierig, eine verlässliche Prognose für die neue Spielzeit der Deutschen Eishockey Liga zu formulieren. Natürlich gibt es bei Meister- und Abstiegsfrage die üblichen Reflexe, aber nichts ist auch nur annähernd gewiss. Und das macht die 30. Spielzeit der DEL zur vielleicht aufregendsten seit ihrer Gründung.
Mannheim und München, vielleicht noch Berlin, Ingolstadt oder Wolfsburg natürlich, und die Kölner sind auch zu finden, im bunten Strauß der Meisterschaftsprognosen. Das klingt erst mal nicht so aufregend und nach derselben Platte, die auch im Vorjahr aufgelegt wurde. Möglich sind aber auch ganz andere Konstellationen.
Vielleicht sind Bremerhaven und Straubing in dieser Saison in der Lage, das Viertelfinale zu überstehen? Vielleicht gelingt der Start für Iserlohn, Nürnberg oder Schwenningen, und aus dem mutmaßlichen Abstiegskampf entsteht auf einmal eine realistische Playoff-Chance? Vielleicht braucht Titelverteidiger München ein Übergangsjahr, weil mit Don Jackson als Spiritus Rector die leibhaftige Trainerlegende nicht mehr an der Bande steht …?
Ex-Bundestrainer kehrt in die DEL zurück
Fast 150 neue Verträge wurden unterzeichnet, rund 170 Spieler wurden abgegeben. Auf dem Transfermarkt herrschte so viel Bewegung wie selten in der DEL-Geschichte.
Außerdem stehen gleich sechs neue Cheftrainer in der Verantwortung. Die größte Aufmerksamkeit wird dabei natürlich Toni Söderholm zuteil. Der Ex-Bundestrainer ist nach seinem Speed-Date in Bern nach Deutschland zurückgekehrt und übernimmt beim deutschen Meister in München.
Vorfreude auf Stanley Cup-Sieger
Auch die DEL-Rückkehr von Tom Kühnhackl, immerhin zweimaliger Stanley-Cup-Sieger mit Pittsburgh, dürfte viele Eishockeyfans glücklich machen. Vor allem natürlich in Mannheim, wo Kühnhackl nach 13 Jahren sein Comeback in der Deutschen Eishockey Liga geben wird.
Harold Kreis, Söderholms Nachfolger als Bundestrainer, hat in der viermonatigen Sommerpause nicht nur die sensationelle Weltmeisterschaft in Finnland aufgearbeitet, viele Telefonate geführt und verschiedene DEL-Klubs besucht, sondern auch wieder einen schönen Satz gesagt: "Der Erfolg von gestern ist nicht der Erfolg von morgen."
Das gilt für die Silbermedaillen-Gewinner von Tampere natürlich genauso wie für jeden DEL-Klub. Die Eisbären Berlin haben dies in der vergangenen Saison erlebt: Der Meisterschaft 2022 folgte der Absturz auf den elften Platz und damit das Verpassen der Playoffs.
Tiefe Sorgenfalten in Düsseldorf
Wie fragil Vorhersagen auf die neue Spielzeit sind, zeigt das Beispiel Düsseldorf. Der achtmalige deutsche Meister muss in den kommenden Monaten auf Torjäger Stephen MacAulay verzichten, der am Ende der Vorbereitung einen Kreuzbandriss erlitt. Mit Brendan O'Donell fällt ein weiterer Top-Stürmer vorerst aus. Außerdem sind die Verteidiger Kyle Cumiskey und Alex McCrea zum Saisonstart in München nicht einsatzfähig.
Das ist nichts anderes als ein Worst-Case-Szenario, das jeden Klub von heute auf morgen treffen kann. Die Hoffnung des neuen DEG-Trainers Tomas Dolak, "möglichst lang um die Playoff-Plätze mitspielen zu können", hat vier heftige Dämpfer erhalten.
Augsburg mit dem Rücken zur Wand
Ähnlich unglücklich ist die personelle Situation in Augsburg. Mit dem US-Amerikaner David Warsofsky hat sich kurzfristig der Top-Neuzugang verletzt und wird wohl bis zu acht Wochen ausfallen. Warsofsky ist als Kapitän der Panther vorgesehen. Auch Rückkehrer Simon Sezemsky kann vorerst nicht spielen.
Damit fehlen dem AEV die beiden Top-Verteidiger in einem Kader, der ursprünglich für die DEL2 ausgelegt war, weil man in Augsburg sechs Wochen lang davon ausgehen musste, aus der Eliteliga abzusteigen, ehe klar war: Aus dem Unterhaus klettert niemand in die erste Etage. Ob man hier von Glück im Unglück sprechen kann, oder der sportliche Abstieg nur verschoben wurde? Augsburg gilt jedenfalls bei den meisten Experten erneut als Abstiegskandidat.
Aber: Prognosen sind auch deshalb schwierig, weil acht von 14 Vereinen auch auf der womöglich wichtigsten Position einen Wechsel vollzogen haben. Über die Bedeutung des Torhüters im Eishockey sind schon viele Bücher geschrieben worden, keines davon war zu viel. Nur mit einem starken Goalie-Gespann gibt es Hoffnung auf sportlichen Erfolg.
Wer hat das beste Torhüter-Duo?
In Bremerhaven wurde beispielsweise der Lette Kristers Gudlevskis zurückgeholt. Zusammen mit Maximilian Franzreb, der immerhin zum jüngsten deutschen WM-Kader zählte, könnte diese Kombination in dieser Spielzeit zum Maß aller Dinge werden. Allerdings haben die Adler Mannheim mit Felix Brückmann und Arno Tiefensee ebenfalls zwei großartige Schlussleute, während sich Meister München wieder auf die Fangkünste von Mathias Niederberger verlassen wird und damit auf einen Goalie, der schon mehrfach Playoff-Runden entschieden hat.
Es kann eine großartige Saison werden. Mit neuen Gesichtern an der Bande, neuen, interessanten Importspielern, vornehmlich aus Nordamerika. Dazu mit vielen Namen und Gesichtern, die sich bei der WM in Finnland in die Herzen der deutschen Eishockeyfans gespielt haben. Vor zwei Jahren, mitten in der Corona-Krise, musste man zurecht um den Fortbestand der deutschen Eliteliga fürchten. Aktuell wirkt die DEL so gesund und aufregend wie selten zuvor in ihrer 30-jährigen Geschichte.