Koharu Itagaki und Josephina Neumann Zwei 13-Jährige verzaubern Tischtennis-Deutschland
Bei den deutschen Meisterschaften haben sich Koharu Itagaki und Josephina Neumann bis ins Doppel-Finale vorgespielt. Nun wollen sie an ihre Erfolge anknüpfen.
Der Ball liegt auf dem Boden, der Punkt ist gespielt, die ausverkaufte Halle in Nürnberg tobt. Josephina Neumann dreht sich um und klatscht lässig mit Partnerin Koharu Itagaki ab, als sei es ein Punkt wie jeder andere gewesen.
Die beschriebene Szenerie stammt aus dem Finale des Damen-Doppels bei den deutschen Meisterschaften 2023 und wiederholt sich in den anderthalb Tagen des Turniers ständig. Die beiden 13-jährigen Athletinnen haben sich vollkommen überraschend bis ins Endspiel vorgespielt und auf dem Weg dahin unter anderem die Titelverteidigerinnen Chantal Mantz und Yuan Wan geschlagen. Am Ende geht das Finale klar verloren – und dennoch hat das Duo Itagaki/Neumann zu dem Zeitpunkt schon ganz Tischtennis-Deutschland verzaubert.
Neumanns kontinuierliche Entwicklung
Dabei sollte gerade der Erfolg Josephina Neumanns keinen mehr so richtig überraschen. Die gebürtige Frankfurterin ist eine sehr komplette Spielerin mit sicherer Vorhand wie Rückhand und zeigte sich in den vergangenen Wochen und Monaten nicht zuletzt dank ihrer Einsätze in der Tischtennis Bundesliga für den TTC Berlin eastside taktisch klar verbessert. Auch Nervosität scheint kein Problem beim Jungstar mehr zu sein, denn Neumann wirkte selbst bei hohem Rückstand im fünften Satz gegen Mantz/Wan ruhig und konzentriert.
Ihre Titelsammlung ist ebenso beeindruckend, so überzeugte sie unter anderem mit Podestplätzen bei Jugendturnieren in ganz Europa und konnte 2022 in Berlin die U13-Konkurrenz des WTT Youth Contenders gewinnen, eine internationalen Turnierserie für junge Spieler und Spielerinnen. Ihre Gegnerin im Finale damals: Koharu Itagaki.
Itagakis rasanter Aufstieg
Die 13-Jährige stand nicht so im Fokus wie ihre Doppelpartnerin und dennoch gilt sie als eines der großen Hoffnungen im deutschen Frauen-Tischtennis. Ihre Entwicklung in den vergangenen Jahren ist dabei ebenso beeindruckend wie beispiellos. Familie Itagaki kam 2016 auf Anraten des japanischen Hauptsponsors des Bundesligaklubs Bad Köngishofen aus Japan nach Deutschland – ihr Vater Koji Itagaki ist inzwischen Trainer der Süddeutschen.
Koharu lebte sich schnell ein und machte mit dem Gewinn eines deutschlandweiten Nachwuchsturniers 2018 erstmals auf sich aufmerksam. Es folgten schnell weitere Erfolge bei nationalen Wettkämpfen, in denen sie teils deutlich ältere Konkurrentinnen souverän besiegen konnte. Und auch 2023 läuft es bisher sehr gut für Itagaki. Sie gewann zwei U15-Youth-Contender und schaffte neben dem Final-Einzug im Doppel der deutschen Meisterschaften auch den Einzug in das Hauptfeld der Einzelkonkurrenz.
Spielintelligenz als große Stärke
"Koharu spielt taktisch intelligent und hat für ihr Alter einen sehr guten Rückschlag", erklärt die Mädchen-Bundestrainerin U15/U18 Jie Schöpp im Sportschau-Interview, angesprochen auf die Stärken Itagakis. "Trotzdem muss sie im Prinzip noch an allem arbeiten. Sie ist ja erst 13 Jahre alt, da muss man einfach noch vieles lernen." Itagaki, die immer noch in Bad Königshofen trainiert, aber beim SV Schott Jena in der zweiten Bundesliga Erfahrungen sammelt, hat ein sehr aggressives und schnelles Spielsystem. Sie versucht nah am Tisch stehend ihre Gegnerinnen möglichst effektiv unter Druck zu setzen. Helfen soll ihr dabei ihr Material: Itagaki spielt eine sogenannte kurze Noppe, welche es ihr ermöglicht, viel Geschwindigkeit im Spiel aufzubauen.
Solches Material, also ein anderer Belag als der klassische glatte, kann gerade im Jugendbereich helfen, schnelle Erfolge zu feiern, da viele Spielerinnen keine Erfahrung gegen solche unorthodoxen Spielsysteme haben. "Es kann schon sein, dass ihr das aktuell hilft", so Schöpp, "aber wir haben auch in der Weltspitze einige Spielerinnen mit kurzen Noppen."
Starke Konkurrenz beim Turnier in Berlin
Beim anstehenden WTT Youth Contender in Berlin (31.03. – 02.04.2023) geht Josephina Neumann als Topgesetzte in die U13-Konkurrenz und wird dort versuchen, ihren Titel zu verteidigen. Zudem steht sie gemeinsam mit Koharu Itagaki in der U15-Konkurrenz am Start.
Itagaki spielt neben dem U15- auch das U17-Turnier. Doch "die internationale Konkurrenz ist dieses Jahr sehr stark. Es sind viele Spielerinnen dabei, gegen die Josi (Josephina Neumann, Anm. d. Red.) und Koharu noch nie gespielt haben. Außerdem ist der Druck nach den Leistungen bei den deutschen Meisterschaften gestiegen und die beiden haben aufgrund ihrer Weltranglistenposition höhere Ansprüche an sich", bremst Schöpp die Erwartungen.
Am Ende seien solche Turniere auch dafür da, um zu lernen und sich weiterzuentwickeln – das Wichtigste auf ihrem möglichen Weg in die Weltspitze.