WTA-Chef Simon vor den French Open "Wir wissen, dass Peng Shuai in Sicherheit ist"
WTA-Chef Steve Simon hat vor dem Beginn der French Open versichert, dass Chinas Tennisspielerin Peng Shuai in Sicherheit sei. Der Vorsitzende der Frauen-Tour musste sich erneut wegen seiner eigenen China-Politik rechtfertigen, nachdem die WTA wieder die Rückkehr von Turnieren in China in den Tour-Kalender beschlossen hatte.
Die French Open stehen vor der Tür, und wie eigentlich bei allen Grand-Slam-Turnieren in den vergangenen zwei Jahren taucht abseits des Tennisplatzes wieder eine Frage auf: "Wo ist Peng Shuai?" Das Schicksal der chinesischen Tennisspielerin, die im November 2021 in einem Post bei Social Media einem Parteifunktionär sexuellen Missbrauch vorgeworfen hatte und daraufhin über Wochen als unauffindbar galt, ist weiterhin ein großes Thema in der Tennis-Welt. Bei den Australian Open in Januar hatte die Turnierleitung ausdrücklich erlaubt, dass Fans auf der Anlage T-Shirts mit dem berühmt gewordenen Hashtag "Where is Peng Shuai" tragen dürften, im Vorjahr waren die Offiziellen noch dagegen vorgegangen.
WTA-Chef Simon über Peng Shuai: "Wir wissen, wo sie sich aufhält"
Vor dem Auftakt der French Open am Sonntag (28.05.2023) hatte nun der mächtigste Mann im Frauen-Tennis, Steve Simon, Chef der WTA-Tour, Neuigkeiten zu Peng Shuai zu verkünden: Der WTA sei aus China versichert worden, dass "Peng Shuai in Sicherheit" sei, sagte Simon der französischen Sportzeitung "L'Equipe". "Wir wissen, wo sie sich aufhält."
Peng Shuai hatte seinerzeit die Vorwürfe gegen den KP-Politiker nach Bekanntwerden des Falls widerrufen, dennoch blieb die Sorge über das Wohlergehen der Tennisspielerin groß. Chinas Regierung hatte über soziale Netzwerke, die für westliche Medien zugänglich sind, angebliche Fotos und Videoaufnahmen der Spielerin verbreitet, deren Authentizität in Frage gestellt wurde. Weder die "stille Diplomatie" von IOC-Präsident Thomas Bach, der sich im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Peking bei einem Videocall mit Peng Shuai zeigte, konnte die Zweifel ausräumen, dass Peng Shuai tatsächlich in Sicherheit sei. Noch ihre Auftritte bei den Spielen in Peking und ein Interview, das sie der "L’Equipe" gab, in einem Olympia-Hotel, umgeben von chinesischen Funktionären.
China-Boykott der WTA
Vor allem der WTA-Vorsitzende Simon hatte von China wiederholt Sicherheiten gefordert sowie nachprüfbare Informationen, die belegen könnten, dass Peng Shuai nicht vom Machtapparat bedroht werde und sich frei bewegen könne. Simon hatte den Fall auch zu einer persönlichen Mission gemacht, spätestens als er im Vorjahr alle in China angesetzten Turniere aus dem Tourkalender strich.
Dass ein westlicher Funktionär oder Sportvermarkter sich wegen Menschenrechtsfragen mit China anlegt und sogar Verträge einseitig aussetzt, dies war bis dahin in der Sportwelt ein ungekanntes Vorgehen. Für den von Simon betriebenen China-Boykott gab es viel Unterstützung von Tennis-Größen wie Martina Navratilova ("Werte sind wichtiger als Dollar") oder Billie Jean King: "Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte."
Ein Drittel der WTA-Einnahmen kommt aus China
Doch es blieb die spannende Frage, wie lange die WTA ihren Bann gegen China durchhalten könne - und vor allem auf die Millionen der chinesischen Sponsorenindustrie verzichten möchte. Bei den Australian Open etwa durfte eine chinesische Spirituosenmarke, auch Namenssponsor einer der Arenen in Melbourne, weiter ungehindert Werbung machen. Nach Berechnungen des US-Magazins "Sports Illustrated" soll mindestens ein Drittel der Gesamteinnahmen der WTA aus China fließen.
Im vergangenen April machte die Tour-Organisation dann tatsächlich die Kehrtwende. Die WTA teilte mit, dass ab Herbst 2023 wieder Turniere in China stattfinden sollen, darunter auch der Saisonabschluss, die WTA Finals in Shenzhen. Und das, obwohl es aus China weiter keine Antworten über Peng Shuai gab, wie die WTA einräumen musste. Doch die Spielerinnen müssten bei einem weiteren Ausschluss Chinas "einen außerordentlichen Preis für ihre Opfer zahlen", teilte die WTA mit.
DTB-Präsident von Arnim: "WTA für 1200 Spielerinnen verantwortlich"
Rückendeckung gab es von Dietloff von Arnim, dem Präsidenten des Deutschen Tennis Bundes. Die WTA sei nicht nur für eine Spielerin verantwortlich, "sondern für mehr als 1200. Die wollen Turniere spielen. Und denen nimmt die WTA in China die Möglichkeit dazu."
Rückzieher der WTA gegenüber China: "Gemeinsam eine Lösung finden"
WTA-Chef Simon, der eine Rückkehr der Tour nach China zuvor von einer Aufklärung des Falls Peng Shuai abhängig gemacht hatte, stand dennoch als jemand da, der vor China einknickt. Simon rechtfertigte sich nun nochmals bei der "L'Equipe" für den Rückzieher: "Wir haben in China eine harte Haltung eingenommen, wie sonst kaum ein Unternehmen oder eine Branche. Diese Entscheidung war richtig, ich würde es wieder genauso machen", sagte Simon. Nach fast zwei Jahren habe es aber keine Fortschritte gegeben, dies erhoffe er sich nun von der Rückkehr der WTA: "Wir werden miteinander sprechen und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden."
Die erneuten Versicherungen aus China, dass Peng Shuai in Sicherheit sei, sah Simon nun offenbar als ausreichend an: "Das war das Wichtigste, was zu tun war." Dies klang so, als sei das Thema für ihn damit beendet.