John McEnroe

Tennis Quo vadis, Laver Cup?

Stand: 19.09.2024 17:29 Uhr

Der Laver Cup muss in diesem Jahr ohne die bestimmenden Spieler der letzten 20 Jahre auskommen. Ob es gelingt, diesem Wettbewerb eine glorreiche Zukunft zu bescheren, könnte sich in den nächsten Tagen in Berlin zeigen.

Von Andreas Thies

Es gibt dieses eine Foto, das den Laver Cup überdauern wird, egal wie es mit dem Tennis-Kontinentalwettbewerb in Zukunft weitergehen wird. Im Jahr 2022 beendete Roger Federer beim von ihm mitbegründeten Wettkampf zwischen Team Europe und Team World seine Karriere. Nachdem Federer sein letztes Match bestritten hatte, ein Doppel an der Seite seines Dauerrivalen und geschätzten Kollegen Rafael Nadal, blickte der Schweizer auf der Spielerbank sitzend gen Decke der Londoner O2 Arena. Dort wurde auf der Leinwand eine Collage mit den Highlights von Federers Karriere gezeigt.

Eine Karriere, die bekanntlich sehr reich an Highlights war. Doch Federer lehnte sich nicht einfach entspannt zurück. Vielmehr ging ihm das Gezeigte so nah, dass er seinen Tränen freien Lauf ließ. Nadal, ebenfalls mit feuchten Augen, saß neben ihm. Als Federer kurz die Hand von Nadal nahm, drückte die Fotografin Ella Ling auf den Auslöser. Aus einem intimen Moment war ein Bild für die Tennis-Ewigkeit geworden.

Fedrerer (l.) und Nadal beim Laver Cup 2022 in London

Fedrerer (l.) und Nadal beim Laver Cup 2022 in London

Sinner, Djokovic und Nadal in Berlin nicht dabei

Nun, zwei Jahre später, und trotz all der Erfolge des jungen Duos Carlos Alcaraz und Jannik Sinner, trotz des weiterhin goldenen Herbstes von Novak Djokovic, leidet der Laver Cup an einem kleinen Kater. Ob nach diesem eine neue Glanzzeit beginnt, das entscheidet sich auch an den kommenden Tagen in Berlin. Zwar wird Alcaraz antreten, doch Sinner und Novak Djokovic bleiben dem Wochenende trotz aller finanzieller Anreize fern.

Guido Ringel, Sportschau, 19.09.2024 21:26 Uhr

Auch der größte Star des Wochenendes, Rafael Nadal, von dem nicht wenige angenommen hatten, dass auch er seine Karriere beim Laver Cup beenden könnte, ist den Veranstaltern in der letzten Woche abhandengekommen. Nicht nur schade für die Zuschauer. Auch die Veranstalter werden sich mehr Strahlkraft im sowieso schon vollgepackten Tenniskalender gewünscht haben.

Zverev: "Immer noch etwas Besonderes für mich"

Auch Alexander Zverev, quasi Gastgeber des diesjährigen Laver Cups, erneuerte seine Kritik am zu vollen Terminkalender: "Wir spielen elf Monate im Jahr, der Terminkalender ist extrem voll, da muss langfristig etwas geändert werden." Jedoch strich auch Zverev die Bedeutung des Wettstreits der Kontinente heraus: "Trotzdem ist der Laver Cup immer noch etwas Besonderes für mich. Die Topspieler im eigenen Team zu haben, Mannschaftskameraden zu haben, gegen die man sonst Halbfinale oder Finale bei Grand Slams spielt, ist etwas, was man nur im Laver Cup hat."

Alcaraz (l.) und Zverev beim Training in Berlin

Alcaraz (l.) und Zverev beim Training in Berlin

Bei der Gründung dieses Wettkampfes war vorgesehen, den Laver Cup in den Olympiajahren auszusetzen. Doch diese Idee wurde nach dem Erfolg der ersten Ausgabe verworfen. So wurde 2021 nach den Spielen von Tokio gespielt, genau wie in diesem Jahr nach dem olympischen Sommer von Paris. Dabei scheinen viele im Tennis eigentlich auf der letzten Rille zu fahren. Beim Davis Cup in der Vorwoche machten sich die absoluten Spitzenspieler rar. In Berlin wird abseits von Sinner und Djokovic, der sich laut eigener Aussage fortan primär auf die Grand Slams und Länderkämpfe für Serbien konzentrieren will, die Weltspitze am Start sein. Sechs Spieler aus den derzeitigen Top10 der Weltrangliste sind vor Ort.

De Minaur und Paul fehlen wegen Verletzungen

Schaut man sich die weiteren Teilnehmer der diesjährigen Ausgabe an, merkt man jedoch, wie sehr das Jahr den Profis zugesetzt hat: Im Team World fehlen verletzungsbedingt die beiden Spitzenspieler Alex de Minaur und Tommy Paul. Sie wurden durch den Argentinier Francisco Cerundolo und den Australier Thanasi Kokkinakis ersetzt. Gute Tennisspieler, aber durch ihr Antreten wird kein Ticketkäufer davon überzeugt werden, tief in die Tasche zu greifen. Mit Ben Shelton und Carlos Alcaraz sind dafür zwei der charismatischsten Spieler der Welt am Start. Auch sonst wächst eine neue, durchaus aufregende Generation an Spielern heran. Holger Rune und Jack Draper, in diesem Jahr nicht nominiert, haben das Potenzial, schon bald zu den dominanten Figuren des Tennissports zu zählen. Bis sie allerdings solch eine Veranstaltung tragen können, wird wohl noch eine gewisse Zeit vergehen.

McEnroe und Borg zum letzten Mal die Kapitäne

So wird auch am Spielfeldrand versucht, auf die großen Namen zu setzen. Die Kapitäne der bisherigen Ausgaben werden in diesem Jahr ein letztes Mal ihren Job verrichten. Der schillernde John McEnroe auf Seiten des Team World und der in den vergangenen Ausgaben doch arg blasse Björn Borg. Ab dem nächsten Jahr werden sie durch Andre Agassi und Yannick Noah ersetzt. Zwei Helden vergangener Tage, die für Glamour und Show sorgen sollen.

Björn Borg

Björn Borg

Auch Alexander Zverev gehört in Berlin zu den großen Namen und Zugpferden. Können er und seine Kollegen in den kommenden Tagen von Berlin neue Geschichten schreiben, die etwas künstlich herbeigeführte, und im Golf durch den Ryder Cup doch so effektive Kontinentalrivalität sogar neu aufleben lassen? Viele enge Matches, eine Entscheidung erst am Sonntagnachmittag, das würde sicherlich helfen, die etwas angestrengten Emotionen nach dem 13:2 Sieg für Team World im letzten Jahr vergessen zu machen.

Tickets zu happigen Preisen noch zu haben

Das Publikum in Berlin dürfte wie schon bei den vergangenen Ausgaben aus aller Herren Länder kommen. Da wird es auch nicht so ins Gewicht fallen, sollte Alexander Zverev sich am Ende doch nicht als das anvisierte lokale Zugpferd erweisen. Dabei werden die heimischen Zuschauer wohl dringend gebraucht, um am Ende auch die letzten Sitze zu verkaufen. Gerade im Unterrang sind die Preise dabei mehr als happig. Mittlere dreistellige Beträge müssen hier für jede der fünf Sessions hingelegt werden. Im Moment sind noch einige dieser Tickets erhältlich.

So wird es am Ende vielleicht doch noch einmal Roger Federer reißen müssen. Der weilte schon die vergangenen Tage in Berlin. Auch zwei Jahre nach seinem Karriereende hat der Schweizer die Aura eines absoluten Superstars. Es wäre nicht überraschend, wenn er sich auch am Wochenende in der Berliner Arena blicken lassen würde. Vielleicht kann sich ja der ein oder andere der nächsten und übernächsten Generation etwas von Federers Lässigkeit abschauen. Der Zukunft des Laver Cups würde es guttun, und der Zukunft des Herrentennis sowieso.