Titelverteidigung erfolgreich Aryna Sabalenka und ein eingelöstes Versprechen
Aryna Sabalenka gewinnt die Australian Open auf dominante Art und Weise und richtet den Blick schon auf die nächsten Ziele.
Jetzt konnten selbst die beiden Fangruppen aus China nichts mehr ausrichten. Ein kraftvoller Aufschlag nach außen, ein zu kurzer Return, schon stand Aryna Sabalenka im Halbfeld und verwandelte den Ball unerreichbar mit der Vorhand zum Matchgewinn. So sehr die Fans Sabalenkas Gegnerin Qinwen Zheng angefeuert hatten, so sehr sich Zheng gewehrt hatte, am Ende war Sabalenka wie immer während der vergangenen beiden Wochen hier in Melbourne die überragende Spielerin gewesen.
Sabalenka riss die Arme in die Luft, warf einen Kuss in den Himmel für ihren vor fünf Jahren verstorbenen Vater und nahm dann die Glückwünsche ihrer Kontrahentin entgegen. Es war der Schlusspunkt für ein perfektes Turnier der Titelverteidigerin. Ein Turnier, das wegen der Überlegenheit Sabalenkas in ihren Matches schnell zu einer One-Woman-Show wurde. Es gab in der Frauen-Konkurrenz viele sehr sehenswerte Matches, aber eine Spielerin stand leistungstechnisch über der Konkurrenz.
Zum sechsten Mal in Folge in einem Major-Halbfinale
Sabalenka, die ihr Herz auf der Zunge trägt, die mit ihrem kraftvollen Spiel begeistern kann und sich die Liebe doch hart erarbeiten musste, ist mittlerweile bei den Grand-Slam-Turnieren zur konstantesten Spielerin aufgestiegen. Hier in Australien hatte sie zum sechsten Mal in Folge in einem Major-Halbfinale gestanden. Dabei hatte Sabalenka vor nicht mal zwei Jahren noch tief an sich gezweifelt.
Als sie 2022 bei den French Open in der dritten Runde ausschied, flossen nach dem Spiel bittere Tränen. Später in der Netflix-Dokumentation "Break Point" sagte sie über diesen Moment: "Mein Gefühl war, dass mich jeder wegen meiner Herkunft hasste. Und jetzt hat jeder gesehen, wie ich die Fassung verliere. Ich möchte nicht mal mehr weiter Tennis spielen." Sie wird froh sein, sich durchgebissen zu haben.
Schnelle Hartplätze in Melbourne liegen ihrem Spiel
Auch die Zeiten scheinen vorbei, in denen sie sich hinter Spielerinnen wie der offen und bodenständig auftretenden Iga Swiatek, der stets so ästhetisch spielenden Ons Jabeur oder den politisch engagierten Coco Gauff und Naomi Osaka einordnen musste. Aryna Sabalenka hat ihren Platz gefunden.
Ihre Siegerinnen-Ansprache an diesem Melbourner Abend war leicht, humorvoll, selbstironisch und doch mit einem selbstbewussten Lächeln vorgetragen. Sie machte Späßchen auf Kosten ihres Teams, schon gleich zum Anfang hatte sie gesagt: "Wie immer wird meine Rede seltsam sein. Das ist nicht meine Superkraft."
Aryna Sabalenka und Zhen Qinwen begrüßen sich vor dem Finale der Australian Open
Die hat Sabalenka hingegen auf dem Platz. Sie ist mit weitem Abstand die beste Spielerin dieses Turniers gewesen und wahrscheinlich wird sie auch die Spielerin sein, die man in Zukunft hier besiegen muss. Die schnellen Hartplätze im Melbourne Park liegen Sabalenkas aggressivem Spiel. Wettereinflüsse sind in der großen Rod Laver Arena quasi nicht existent, sie muss nicht mit den Elementen kämpfen.
French Open und Wimbledon als nächste Ziele
Von der ersten Runde an, als sie der Hamburgerin Ella Seidel eine kleine Lehrstunde erteilte, war ihr Spiel da. Die Probleme mit dem Aufschlag scheinen der Vergangenheit anzugehören, die Grundschläge sind mit einer enormen Wucht ausgestattet. Jeder Schlag ist darauf ausgelegt, ein Gewinnschlag zu sein, den Punkt zu beenden.
So kann Sabalenka selbstbewusst nach vorne schauen. Die French Open und Wimbledon sind die nächsten Ziele der Belarusin. Auf dem Sand von Roland Garros ist momentan Iga Swiatek die Topfavoritin. Auf dem Rasen in Wimbledon ist ein erfolgreiches Abschneiden Sabalenkas alleine schon wegen ihres häufig so überwältigenden Spiels fast ein Muss.
"Ich glaube, dass ich letztes Jahr gezeigt habe, dass ich auf jedem Untergrund erfolgreich spielen kann. Wenn ich so weiterarbeite wie bisher, bin ich überzeugt davon, dass ich auch auf Sand und Rasen erfolgreich sein kann."
Versprechen an ihren verstorbenen Vater
Der Titel ist auch eine Einlösung eines Versprechens, das sie ihrem 2019 verstorbenen Vater gegeben hatte. Dass sie zwei Grand Slams vor ihrem 25. Geburtstag gewinnen würde. "Das ist seit dem letzten Jahr meine größte Motivation gewesen. Er war mein Ein und Alles."
Sabalenkas Einstellung zum Spiel und zu den großen Turnieren ist dennoch eine andere geworden, wie sie vor dem Finale verriet: "Klar bin ich die Titelverteidigerin, aber das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass ich verliere und nächstes Jahr ein paar Punkte weniger zu verteidigen habe." Wenn Sabalenka so weitermacht, wird sie das Flugzeug in den kommenden Jahren noch häufiger als letzte besteigen.