WDR-Sport Baskets Bonn - Saison ohne "Karies" aber mit einer "Märchengeschichte"
Die Telekom Baskets Bonn haben eine spezielle Saison hinter sich. Die Fragezeichen nach dem Umbruch im Sommer wurden mit dem Playoff-Einzug beantwortet. Mit Thomas Kennedy wurde der nächste "Diamant" gefunden.
"Gänsehaut-Gefühl wie nach einem Titelgewinn", beschreibt Savo Milovic im Gespräch mit dem WDR die Szenen nach dem letzten Saisonspiel vor knapp zwei Wochen. Der Sportdirektor der Telekom Baskets Bonn blickt auf eine durchaus erfolgreiche Saison zurück, in die man im September mit vielen Fragezeichen gestartet war. "Ich glaube das war eine Saison, die man mit keiner anderen vergleichen kann."
Vor allem blickt er auch auf einen emotionalen Saisonabschied zurück. Nach der Niederlage im dritten Viertelfinalspiel gegen Finalist Alba Berlin war die Saison für Bonn zu Ende. Noch lange nach der Schlusssirene stand die Mannschaft vor den Fans und bedankte sich für den Support.
"Die Unterstützung der Fans war einfach unglaublich. Das bestätigt, dass das nicht nur eine kleine Euphorie oder nur wegen der Erfolge in der letzten Saison war. Es hat sich bestätigt, dass die Fans in Bonn erkannt haben, dass die Mannschaft alles gegeben und alles auf dem Platz gelassen hat", sagt Milovic.
Nach BBL-Finale und CL-Sieg: Umbruch im Sommer
Dabei war in dieser Saison deutlich früher Schluss als noch vor einem Jahr, als die Baskets noch im Finale um die Deutsche Meisterschaft spielten und den Titel in der Basketball-Champions-League mit nach Hause brachten. Dass man an diese Erfolge in der Saison 2023/24 nicht anknüpfen würde, war in Bonn aber allen klar.
Nach den sportlichen Erfolgen vor allem auch auf der internationalen Bühne hatten im letzten Sommer große Vereine angeklopft, zudem war die Sponsorenfrage lange ungeklärt geblieben. Der Verein musste einen Komplett-Umbruch vollziehen. Neuer Trainer, neuer Staff, neue Spieler - "eine Herausforderung, die es in dieser Sportart noch gar nicht oder lange nicht gab", sagt Milovic.
Moors und Milovic stellen neuen Kader zusammen
Mit Roel Moors wurde ein Trainer mit Erfahrung auf nationaler und internationaler Ebene geholt. "Er beweist seit Jahren, dass er ein Händchen für die Kaderzusammenstellung hat." Zusammen mit Moors hatte Milovic die Aufgabe, aus einem neu zusammengestellten Kader eine Mannschaft zu formen. "Sie mussten alles selber und miteinander lernen. Da ist eine charakterlich sehr gute und angenehme Mannschaft entstanden. Es gab kein Karies in der Mannschaft."
Sportlich zahlte sich das aus. Von einigen vor dem Saisonstart als Abstiegskandidat gehandelt, spielte Bonn eine solide Saison mit Höhen und Tiefen. "Es gab Siege gegen Favoriten, es gab Niederlagen gegen Nicht-Favoriten", sagt Milovic.
"Realistischer" 7. Platz in der Hauptrunde
In Abstiegsnot fanden sich die Baskets aber zu keinem Zeitpunkt wieder. Über die Play-Ins schaffte Bonn den Einzug in die Playoffs und musste sich dort dem Finalisten aus Berlin geschlagen geben. "Man muss offen und ehrlich sagen, der 7. Platz ist am Ende vielleicht doch der realistische Platz gewesen", sagt Milovic, für den ein kleiner Wermutstropfen bleibt, weil "wir zweimal das Spiel in der Hand hatten."
Und auch international hat Bonn eine erfolgreiche Saison hinter sich. In der Champions-League stand der Titelverteidiger kurz vor dem erneuten Einzug ins Final Four. "Ich bin nach Genf zur Viertelfinal-Auslosung gefahren und dann erwartet mich das CL-Komitee da mit einem Blick und mit dem Satz: 'Wir hätten niemals damit gerechnet, dass heute einer von euch bei dieser Auslosung dabei sein wird.' Das sind Momente, da stellt man fest: 'Eigentlich war das eine sehr gute Saison und in der Zukunft werden sich andere Vereine, die in so eine Situation kommen, nach uns umschauen und sich die Frage stellen: Schaffen wir es wie damals Bonn?'"
Frey und Turudic verlassen Bonn - Kennedy bleibt
Harald Frey und Benedikt Turudic
Auch in diesem Sommer wird es Bewegung auf dem Transfermarkt geben, aber den kompletten Umbruch hat Bonn hinter sich. Die Telekom Baskets Bonn sind ein Verein, bei dem junge Spieler den ersten Schritt auf der europäischen Bühne gehen und sich größeren Clubs präsentieren können. "Dieses Jahr haben sich alle sehr gut gezeigt und natürlich viel Interesse geweckt", sagt Milovic. Bereits fix ist der Abgang von Leistungsträger Harald Frey. Der Aufbauspieler wechselt nach einem Jahr in Bonn nach Spanien. Auch Benedikt Turudic verlässt Bonn nach einem Jahr. Der Center war zuletzt wegen einer Verletzung außen vor und musste zusehen, wie mit Thomas Kennedy der zweite Center im Kader seine Chance nutzte.
"Keiner topt das, was Thomas Kennedy dieses Jahr geleistet hat", schwärmt Milovic. Der 23 jährige Kanadier entpuppte sich als "schneller, agiler, und explosiver Center" und nächster "Diamant" in Bonn. Nach einer Verletzung in der Vorbereitung brauchte Kennedy seine Zeit, um in der BBL anzukommen. "Wie er dann Geduld gezeigt hat und in den ersten Wochen noch nicht das Niveau hatte, aber dann die Wende geschafft hat... Ich glaube, das ist eine Märchengeschichte, die nicht so häufig vorkommt", sagt Savo Milovic, der den neuen Kader auch auf Kennedy zuschneiden möchte.
Bähre kommt aus Ludwigsburg
Als zweiter Center wird Jonathan Bähre in der kommenden Saison für die Baskets auflaufen. Das teilte der Verein am Freitag mit. Bähre bringt mit seinen 2,08 Metern eine starke Physis mit. "Er kommt von einem Club, bei dem Defense an erster Stelle steht und immer Energie, Kampf und Einsatz gefordert werden. Das passt auch zu uns", freut sich Milovic auf den 27-Jährigen. Mit Bähre hat Bonn einen Spieler verpflichtet, der laut Milovic in der vergangenen Saison noch gefehlt hat. Ein Defensiv-Spezialist, der sowohl das nationale als auch das internationale Parkett kennt. "Wir hatten sehr viel Talent in der Mannschaft, aber wenig Erfahrung für die doppelte Belastung."
Neben Kennedy bleibt ein fester Kern in Bonn. Wie groß dieser sein wird, ist noch unklar. "Wir werden versuchen einen Kern zu erhalten, werden versuchen mit dem ein oder anderen den Vertrag zu verlängern um auf diese Kontinuität zu setzen."
Die Kaderplanung ist im vollen Gange und soll "so früh wie möglich" beendet werden. Mit einem festen Kern, bestehend aus den Leistungsträgern aus der vergangenen Saison, und mit ein, zwei neuen "Märchengeschichten" wird auch in der neuen Saison das Ziel Playoffs in Bonn wieder in Reichweite sein.