Die Fußballerinnen des HSV jubeln beim DFB-Pokalviertelfinale gegen Gladbach im Volksparkstadion

NDR-Sport HSV-Frauen jubeln im Volksparkstadion: "Hamburg kann Frauenfußball"

Stand: 13.02.2025 00:41 Uhr

Das erste Spiel der Fußballerinnen des HSV im Volksparkstadion war der perfekte Rahmen für den Einzug ins DFB-Pokalhalbfinale. Das Spiel hat Lust auf mehr gemacht - und die Rückkehr in die Bundesliga scheint zum Greifen nah.

Von Florian Neuhauss

Emilia Hirche war sichtlich im Gefühlschaos - nach einem Moment der totalen Ungläubigkeit setzte sich aber die schiere Freude durch. Die 21-Jährige jubelte nur kurz allein, dann war sie schon von ihren Mitspielerinnen vor der gut besetzten Nordtribüne umringt. Die Innenverteidigerin hatte gerade als erste Frau im Volksparkstadion ein Tor geschossen und ihr Team im Zweitliga-Duell des DFB-Pokalviertelfinals gegen Borussia Mönchengladbach auf die Siegerstraße gebracht. Am Ende siegte der HSV vor 16.529 Zuschauenden mit 2:0 (1:0).

"Das Spiel im Volksparkstadion war der Lohn für die letzten zwei, drei Jahre."
— Horst Hrubesch, Direktor Nachwuchs

"Ich schieße nicht so oft Tore - und dann vor dieser Kulisse. Das war unglaublich und ich konnte es in dem Moment gar nicht glauben", erklärte Hirche, die per Kopf nach einer Ecke getroffen hatte. Das zweite Tor unter den Augen einiger Spieler aus dem Männerteam wie Davie Selke und Jonas Meffert ging auf das Konto von Vildan Kardeşler.

Anders als Seriensieger VfL Wolfsburg hat es der HSV ins Halbfinale des Wettbewerbs geschafft - und träumt von einem Duell mit Bundesligist Werder Bremen. "Ich glaube, dass sich die beiden Städte nicht gegen ein Nordderby wehren würden", sagte Trainer Marwin Bolz. Bei der Auslosung am kommenden Montag sind aber auch Wolfsburg-Bezwinger Hoffenheim und der deutsche Meister Bayern München dabei.

HSV-Frauen zurück im Konzert der Großen

Der HSV ist auf einmal wieder mittendrin im Konzert der ganz Großen. 2012 hatte das Vereinspräsidium das Frauen-Team aus finanziellen Gründen aus der Bundesliga abgemeldet. In den vergangenen Jahren sind die Frauen des Hamburger SV nun Stück für Stück wieder herangekommen an das große Ziel: die Bundesliga.

Durch den Erfolg im Pokal sind sie schon jetzt ins Rampenlicht zurückgekehrt. "Es freut mich einfach, dass die Mädels das erleben dürfen", betonte Janina Broscheit. Noch mit ihrem Mädchennamen Haye hatte die Ex-Spielerin den HSV in seiner letzten Bundesliga-Saison als Kapitänin aufs Feld geführt und ließ es sich nicht nehmen, beim ersten Auftritt der Frauen im Volkspark mit dabei zu sein.

Hamburg in einer Reihe mit Wolfsburg, München und Frankfurt

Das Spiel sei ein "unfassbar großes Highlight", erklärte die 38-Jährige. "Es ist ein Traum für jedes Mädchen, in so einem Stadion zu spielen." In Bremen haben die Frauen schon mehrmals im großen Stadion gespielt. Auch in Wolfsburg, Frankfurt, Köln oder München gab es bereits Spiele vor der ganz großen Kulisse. "Es ist genau der richtige Weg. Und ich finde es klasse, dass der HSV diesen Weg jetzt mitgeht", sagte Broscheit.

"Wir können Frauenfußball hier in Hamburg. Und es gibt ein riesengroßes Interesse daran."
— Saskia Breuer, Koordinatorin Frauenfußball

Horst Hrubesch, der beim HSV als Direktor Nachwuchs auch für die Fußballerinnen zuständig ist, bezeichnete das Spiel im Volksparkstadion als "den Lohn für die letzten zwei, drei Jahre". Im Sommer 2022 war das Team noch in den Aufstiegsspielen zur Zweiten Liga gescheitert. 2023 klappte es dann. Und fast wäre der Durchmarsch geglückt - in der Saison 2023/2024 war es am Ende Platz vier.

"Hier wird der Frauenfußball ernst genommen. Wir kriegen diese Bühne", betonte Koordinatorin Saskia Breuer. "Wir entwickeln uns weiter und sind verdammt stolz darauf, dass wir das heute auf dem Platz zeigen durften."

Kehrt der HSV in diesem Jahr in die Bundesliga zurück?

Wohin der Weg führt, ist noch nicht abzusehen: Durch die Aufstockung der Frauen-Bundesliga steigen in diesem Jahr gleich drei Teams auf. Der HSV ist aktuell auf Rang sechs, hat aber nur zwei Punkte Rückstand auf den Tabellendritten VfL Bochum. Zudem hat nur Spitzenreiter Nürnberg (24) eine bessere Tordifferenz als der HSV (18).

Mit großen Zielen gehen die Hamburgerinnen trotzdem nicht hausieren. Dass am Ende dieser Saison der Aufstieg stehen soll, ist allerdings auch kein Geheimnis. "Die Aufgabe ist, dass wir diesen Schwung mitnehmen", betonte Bolz nach dem Pokalspiel. "Und dann gilt es, am Sonntag die Aufgabe gegen Gütersloh zu meistern."

Größer könnte der Kulturschock allerdings nicht sein: Beim bis dato letzten Heimspiel des FSV Gütersloh waren 150 Fans dabei - und der Gegner war der Tabellenzweite Union Berlin.

Stadionfrage könnte schnell wieder drängend werden

Die Berlinerinnen spielen teilweise vor über 5.000 Menschen in ihrem Stadion, das zugleich das Stadion der Männer an der Alten Försterei ist. Die HSV-Frauen träumen davon, bald wieder im Volksparkstadion spielen zu dürfen (vielleicht schon im Pokal-Halbfinale?). Normalerweise treten sie aber auf einem der Trainingsplätze neben der großen Schüssel gegen den Ball. Immerhin 630 Fans waren zuletzt beim Heimspiel gegen Union (1:2) dabei.

Trotzdem: Die HSV-Frauen sind in der Hansestadt gewissermaßen heimatlos. In ihrem Trainingszentrum in Norderstedt gibt es kein Stadion. Der Sportpark Eimsbüttel, in dem in den vergangenen Jahren meist zumindest die Highlight-Spiele ausgetragen wurden, steht auf absehbare Zeit wegen Umbauarbeiten nicht zur Verfügung. Und weil ein geplantes 5.000-Plätze-Stadion in Hamburg-Altona wegen neuer Pläne frühestens 2029 fertig wird, blieb dem HSV nur der Umzug ans Volksparkstadion.

Sollte es allerdings tatsächlich mit dem Aufstieg in die Bundesliga klappen, dürfte - wegen anderer Auflagen in der Ersten Liga - die Suche nach einer geeigneten Spielstätte wohl von vorn beginnen.

HSV-Frauen verfehlen Hamburger Rekord

Für die (alltäglichen) Bedürfnisse der HSV-Frauen ist das Volksparkstadion mit seinen 57.000 Plätzen völlig überdimensioniert. Der Zuschauerrekord für eine Partie der Frauen-Bundesliga liegt bei 38.365, vor knapp zwei Jahren gastierte Frankfurt in Köln. Die Bestmarke in Hamburg liegt bei 19.710 - aufgestellt vor eineinhalb Jahren beim Pokal-Derby zwischen dem FC St. Pauli und dem HSV (1:7).

"Hamburg ist eine große Stadt mit viel Power. Diese beiden Spiele zeigen die Wucht, die wir entfalten können und dass wir da vorangehen wollen."
— Marwin Bolz, Trainer

Dass es nun nicht mit einem Rekord geklappt hat, konnten die Hamburgerinnen verkraften. Bolz sprach von einem verdienten Sieg "vor einer Traumkulisse. Das ist etwas, was man für immer im Kopf behält. Und es hat auf jeden Fall Lust gemacht auf mehr."

Und auch Torschützin Hirche, die schon beim St.-Pauli-Spiel auf dem Platz gestanden hatte, unterstrich: "Im Volksparkstadion ist man zu Hause, hier sieht man die Farben." Ein Kindheistraum sei für sie wahr geworden. Und: "Auch wenn es vielleicht ein Tick weniger Zuschauer waren, war es doch ein noch krasseres Gefühl."

Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell | 12.02.2025 | 19:17 Uhr