
3. Liga Hansa Rostock: Razzien nach Attacke auf Fanzug von Rot-Weiss Essen
Fünf Monate nach einem Angriff auf Fans von Rot-Weiß Essen, die zum Auswärtsspiel in Rostock wollten, hat die Polizei zahlreiche Wohnungen durchsucht. Sie fand auch zwei Kugelbomben und eine Übungsgranate.
Nach einem Vorfall im vergangenen Oktober, bei dem Fans des Fußball-Drittligisten Rot-Weiss Essen in der Nähe von Neustrelitz auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel in Rostock angegriffen wurden, hat die Bundespolizei Ermittlungen gegen 31 Verdächtige eingeleitet. Im Zuge von Razzien wurden mehrere Wohnungen in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg durchsucht, wie eine Sprecherin der Bundespolizei mitteilte.
Ermittlungen wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung
Im Laufe der Ermittlungen fand die Polizei unter anderem in Essen zwei Kugelbomben und eine Handgranate in Rostock. Bei der Handgranate handele es sich um eine "Übungsgranate", von der keine Gefahr ausgehe, weil sie nicht scharf gemacht werden könne, so die Polizei. Die Bundespolizei ermittelt wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung und wegen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Kein Verdächtiger wurde verhaftet, es ging um die Sicherstellung von Beweisen, wie es hieß.
Hintergrund der Auseinandersetzung

Im Oktober bewarfen 200 teils vermummte Menschen einen Fanzug mit Steinen.
Am 26. Oktober 2024 wurde ein Sonderzug mit rund 780 Fans von Rot-Weiss Essen auf freier Strecke zwischen Gransee und Neustrelitz in Brandenburg durch eine Notbremsung gestoppt. Kurz darauf griffen vermummte Täter den stehenden Zug an. Mehrere Scheiben gingen zu Bruch, auch außerhalb der Waggons soll es zu Auseinandersetzungen gekommen sein. Ein 20-jähriger Mann aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg wurde noch am selben Tag als Verdächtiger identifiziert. Der Schaden an dem Zug wird auf etwa 118.000 Euro geschätzt. Die Bundespolizei spricht von einem gezielten Angriff und organisierten Tätern, die konspirativ und gefährlich vorgegangen seien. Infolge der Razzien sollen nun Handys, Computer und andere Beweismittel ausgewertet werden.
Rücktritt der Aufsichtsräte und klare Distanzierung
Nach dem Überfall hatten fünf Aufsichtsräte von Hansa Rostock ihren Rücktritt erklärt. Mit dem Angriff sei eine "rote Linie" überschritten worden. Hansa Rostock hatte sich von den Vorfällen distanziert. In der Vergangenheit waren Fans schon mehrfach negativ in die Schlagzeilen geraten. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) erwartete von Hansa Rostock nach dem Angriff deutliche Konsequenzen für die Täter und betonte: "Erneut hat eine kleine Gruppe von Kriminellen, die den Volkssport Fußball für ihre Lust auf Gewalt missbraucht, einen großen Schaden für den Verein, die Stadt und unser Land angerichtet."
Experte: Fanszene entwickelt sich oft unabhängig vom Verein
Harald Lange, der an der Universität Würzburg zur Fankultur forscht, sagte im NDR Interview, für eine Vereinsführung sei es meist nur sehr begrenzt möglich, auf die Fanszene einzuwirken. Fankultur sei oft sehr autonom und unabhängig vom Verein. Er wies außerdem darauf hin, dass die gefundene Handgranate sowie die Kugelbomben nicht zwangläufig mit dem Fußball in Zusammenhang stehe. Möglicherweise wurden sie bei Fans sichergestellt, die sich unabhängig vom Fußball in einem anderen, extremen Umfeld bewegen.
Innenminister Pegel hofft auf schwere Strafen
Die Gewalt unter Fußballfans ist für Innenminister Pegel (SPD) ein seit Langem bestehendes Problem. Angesichts des aktuellen Falls fordert er ein konsequentes Vorgehen gegen die Anklage: "Ich erhoffe mir, wenn es tatsächlich zur Anklageerhebung kommt, schon schwere Strafen - und ich sage mal, das sind schon 'Wildwestmethoden', einen Zug auf freie Strecke anzugreifen."
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 11.03.2025 | 18:00 Uhr