Die deutsche Abfahrerin Fabiana Dorigo auf der Kandahar

BR24 Sport SC-Garmisch-Präsidentin Betz: "Sportler wollen auf die Kandahar"

Stand: 31.01.2025 17:08 Uhr

Nach zwei Jahren mit Absagen finden wieder zwei Garmisch-Wochenenden im Ski-Weltcup statt. Martina Betz, die Präsidentin des SC Garmisch, spricht im exklusiven BR24Sport-Interview über die Wichtigkeit der Weltcups - und wie die Zukunft aussieht.

Von Johannes Kirchmeier

Zwei Wochenenden Ski-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen, das erste davon haben die Veranstalter bereits erfolgreich absolviert: "Ich bin stolz auf unser Team, das es geschafft hat. Das Ergebnis zählt, die Athletinnen sind zufrieden - und ich als Organisatorin auch", sagt die OK-Chefin und SC-Garmisch-Präsidentin Martina Betz zu BR24Sport.

Am Sonntag, den 2. Februar, fahren nun die Männer um den Abfahrtssieg. Davor spricht Betz noch einmal mit BR24Sport über die Zukunft des einzigen deutschen Ski-Alpin-Weltcup-Standortes.

BR24Sport: Frau Betz, in den vergangenen zwei Jahren kam es zu Absagen beim Ski-Weltcup Garmisch-Partenkirchen. Nun ist genügend Schnee da, die Temperaturen bleiben hoffentlich im Rahmen - und der Weltcup findet statt. Wie geht es Ihnen damit?

Martina Betz: Wir sind sehr erleichtert und freuen uns natürlich nach den letzten zwei Jahren, in denen wir mit Problematiken der Absagen kämpfen mussten. Und ja, wir sind zuversichtlich, dass wir die 71. Kandahar-Rennen jetzt auch gut über die Bühne bringen. Aber ganz erleichtert sind wir natürlich erst, wenn dann auch der letzte Herr im Ziel abgeschwungen hat.

BR24Sport: Lassen Sie uns mal zurückschauen. Im vergangenen Jahr konnte das Frauen-Rennen nicht durchgeführt werden, vor zwei Jahren fand gar kein Rennen statt. Schmerzt das?

Betz: Das tut sehr, sehr weh. Da steckt einfach viel Herzblut in den Vorbereitungen. Eigentlich ein ganzes Jahr Arbeit ist dann zunichtegemacht. Aber wir haben natürlich letztes Jahr nicht alle Rennen verloren, wir konnten die Herren-Rennen durchführen. Aber klar, wenn es dann nicht an einem selber liegt und man den Fehler nicht selbst begangen hat, sondern einem das Klima oder auch der Wettergott dazwischenfunkt, dann ist es sehr schmerzlich.

BR24Sport: Für den Ski-Standort Deutschland ist es nicht unwichtig, dass zumindest ein Ort da ist, der Rennen durchführen kann.

Betz: Der deutsche Markt ist ein sehr wichtiger Markt. Speed-Rennen können in Deutschland nur hier durchgeführt werden. Wir haben hier die Gegebenheiten, wir haben hier die Strecken, wir haben hier aber auch als Organisationskomitee das Know-how. Und wir haben circa 500 Helfer pro Rennen im Einsatz - da weiß jeder, was er zu tun hat.

Diese Großveranstaltungen sind für den Ort Garmisch-Partenkirchen sehr wichtig, das ist unsere DNA und gehört einfach zu Garmisch-Partenkirchen. Und wenn ich auf dem Plakat präsentieren kann: Es sind die 71. Kandahar-Rennen, dann spricht es für sich.

BR24Sport: Bleibt halt die Frage, wie es noch einmal 71 werden. Wie begegnen Sie dem Klimawandel?

Betz: Wir müssen uns anpassen. Wir müssen uns Strukturen und Andersartigkeit überlegen. Das kann nicht mit der Brechstange passieren. Das Klima wird sich verändern, es verändert sich aber nicht von heute auf morgen. Und wie Sie sehen, stehe ich auch vor einer weißen und perfekt präparierten Kandahar. Wohl wissend, dass wir uns in der Zukunft bestimmte Dinge einfallen lassen müssen, um den Wintersport weiter attraktiv und überhaupt erhalten zu können.

BR24Sport: Was machen Sie da jetzt schon?

Betz: Wir passen uns zum Beispiel bei der Beschneiung an. Das heißt nicht, dass wir mehr beschneien, sondern einfach die Zeitfenster mit Meteorologen ein bisschen besser bestimmen. Die Pistenraupen, die hier von der Bayerischen Zugspitzbahn im Einsatz sind, haben ganz exakte Messgeräte. Die messen, während sie hier präparieren, die genaue Tiefe. Früher hat man einfach drauf geballert - und wenn dann die Piste weiß war, dann war sie halt weiß. Jetzt wird es genau so justiert, dass man kein Gramm Schnee zu viel aufbringt.

Martina Betz

Martina Betz

BR24Sport: Sind die Rennen in Garmisch generell wieder sicher im Weltcup-Kalender?

Betz: Es ist so im ganzen Weltcup-Zirkus, alle kämpfen um Weltcup-Rennen. Es gibt viele Bewerber um Weltcup-Rennen - und weniger, die sie dann auch ausrichten dürfen. Aber wenn man auch zum 71. Mal Speed-Rennen veranstaltet, dann muss man ja schon sehr vieles richtig gemacht haben. Und das sprichtfür uns als Veranstalter, uns wieder im Kalender zu platzieren.

Wir als Veranstalter sind in enger Kommunikation mit der FIS. Der Deutsche Skiverband ist auch im Council vertreten und hat dementsprechend auch ein Mitspracherecht. Wir hoffen, dass wir für die Zukunft auch im guten Einvernehmen und im Gespräch miteinander weiterhin im Weltcup-Kalender stehen dürfen.

BR24Sport: Aber es gab Zeiten, in denen Garmisch-Partenkirchen schon noch mehr darum kämpfen musste, oder?

Betz: Ja, es ist immer ein Kampf. Wobei Kampf ist, finde ich, so negativ besetzt. Es ist ganz klar: Man muss sich darum bewerben, präsentieren, auch drumherum Dinge präsentieren. Wir verändern auch Dinge um das Weltcupgeschehen herum, schauen, dass der Weltcup in den Ort getragen wird. Heuer haben wir zum Beispiel die Speed Queen gekürt, die Gewinnerin der Abfahrt am Samstag. Federica Brignone hat ein individuell hergestelltes Dirndl gekriegt, das ihr nach der Siegerehrung auf den Leib geschneidert wurde und in das auch die Zeit in die Schürze eingestickt wurde.

BR24Sport: Haben Sie am ersten Wochenende Werbung für den Weltcup-Kalender fürs nächste Jahr machen können?

Betz: Ja, das Gesamtpaket passt in Garmisch-Partenkirchen und schreit nach Wiederholung. Wir bieten uns an, wir sind ein professioneller Ausrichter. Ich würde sagen: Wir gehören zu den professionellsten Ausrichtern, da bin ich jetzt einfach auch mal stolz - und vielleicht ein bisschen selbstbewusst. Bei unserer Mannschaft greift ein Zahnrad ins andere. Das muss man uns erst einmal nachmachen.

BR24Sport: Haben sich die Sportler auch immer wieder für Garmisch starkgemacht?

Betz: Auf jeden Fall. Die Sportler wollen bei uns fahren, auch jetzt speziell zum Damenwochenende gesagt: Die Damen suchen die Herausforderungen. Die machen ja diesen Sport, um Herausforderungen auch zu bewältigen und diesen Reiz zu verspüren.

Und die Athleten haben natürlich auch bei der Kalenderplanung und in der FIS ein Mitspracherecht. Es gibt auch Athletensprecherinnen und Athletensprecher, die ebenfalls gehört werden. Was auch wichtig ist, weil es sind dann letzten Endes die Protagonisten, die diesen Sport hier ausführen müssen.

BR24Sport: Haben Sie eine Vision für die nächsten fünf Jahre?

Betz: Ich habe viele Visionen - alle gebe ich natürlich nicht preis. Aber wie es bei Frauen so ist: Wir wünschen uns vieles und kriegen nicht alles, aber wir sind unersättlich. Ganz klar wäre mein Ziel, dass wir hier fix im Rennkalender bleiben, dass wir weiterhin Damen- und Herrenrennen durchführen. Es macht auch im Sinne der Nachhaltigkeit Sinn, das Ganze in zwei Wochen zu packen. Ich packe hier die Tribüne nicht wieder ein und transportiere sie woandershin, sondern es bleibt hier alles stehen.

BR24Sport: Gehört zu den Visionen nach gescheiterten Bewerbungen auch eine neuerliche Bewerbung um eine Ski-WM?

Betz: Das läuft unter 'Wünsch dir was'. Und da muss man natürlich auch andere Institutionen und Partner befragen zu dieser Frage. Das ist nichts, was ich zu entscheiden habe. Aber ganz klar: Wenn man Großveranstaltungen durchführt, wünscht man sich natürlich auch Großveranstaltungen.

BR24Sport: Müssen Sie sich als Großveranstalter hier im Ort auch ab und zu rechtfertigen?

Betz: Man muss sich immer rechtfertigen. Und es gibt immer Kritik. Aber wenn man etwas Großes macht, muss man auch damit leben. Es liegt dann an uns, Mitstreiter zu finden und das Gegenteil zu beweisen. Das kann man nur durch Taten beweisen. Unsere Events werden für uns sprechen.

Quelle: BR24Sport im Radio 25.01.2025 - 11:55 Uhr