DFB-Gala gegen Ungarn "Wusiala"-Hype und Havertz' neue Rolle - Neubeginn weckt Lust auf mehr
Neubeginn gelungen: In der ersten Partie ohne Kroos, Gündogan, Müller und Neuer zeigt das DFB-Team eine Gala gegen schwache Ungarn und begeistert die Fans. Der höchste Sieg im 15. Länderspiel unter Julian Nagelsmann brachte dem Bundestrainer auch mehrere wichtige Erkenntnisse.
Es ist gar nicht lange her, da wurde in Deutschland von einer tiefen Entfremdung zwischen den Fans und ihrer Nationalmannschaft gesprochen. Im September 2024 ist davon nichts mehr zu spüren. Zum Jingle "Völlig losgelöst" wird nach Toren gejubelt und nach den Spielen gemeinsam im Stadion gefeiert. Der Nations-League-Auftakt gegen Ungarn machte deutlich: Mit Auftritten wie diesem kann die EM-Hochstimmung auch in den Länderspiel-Alltag übertragen werden.
Die begeisterten Fans wollten das Stadion denn auch gar nicht mehr verlassen, sondern feierten das Zauberduo Florian Wirtz und Jamal Musiala sowie das ganze Fußball-Nationalteam ausgiebig und ausgelassen auf seiner Ehrenrunde. Dieser Neubeginn nach der Heim-EM weckt beim Bundestrainer, den Spielern und den Zuschauern Lust auf mehr.
"Hauptaufgabe", die Verbindung zu den Fans weiter mitzunehmen
"Es war die Hauptaufgabe, dass wir diese Verbindung, diese Energie zwischen Fans und Mannschaft weiter mitnehmen", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann nach der Partie am Sportschau-Mikro: "Wenn dann 'Oh wie ist das schön' im Stadion erklingt und du führst 5:0, dann sind das schöne Momente, die wir gerne weiter leben wollen."
Der höchste Sieg im 15. Länderspiel unter Nagelsmanns Leitung brachte dem 37-Jährigen, neben dem Gefühl der Hochstimmung, mehrere wichtige - und vor allem positive - Erkenntnisse beim Aufbruch zur WM 2026. Beim nächsten großen Turnier in den USA, Kanada und Mexiko will Nagelsmann bekanntlich mehr erreichen als das Viertelfinale bei der Heim-EM. Im Idealfall soll es der WM-Pokal sein.
Kroos, Müller und Co. kein Thema mehr
Wie schwer wiegt der Verlust der langjährigen DFB-Größen Toni Kroos, Manuel Neuer, Ilkay Gündogan und Thomas Müller? Das war die große Frage vor dem Anpfiff. Nach dem Abpfiff waren die nach der EM zurückgetretenen Spieler nicht mehr das Thema. Pascal Groß ersetzte im Zentrum des Spiels Kroos mit Dynamik, spielerischer Finesse und einem enormen Aktionsradius, ebnete mit den Weg zum Sieg.
Nagelsmann bescheinigte dem Neu-Dortmunder eine Topleistung. Groß will Kroos nicht kopieren, sondern als eigenes Original das Team lenken. "Ich glaube schon an meine Stärken, auch wenn ich keine großen Töne spucke", sagte der 33-Jährige nach seinem erst neunten Länderspiel. Es war mit Abstand sein bestes und prägendstes.
"Wusiala"-Duo reißt alle mit
Noch prägender als der Dortmunder war das bei der EM "Wusiala" getaufte Duo Musiala und Wirtz. Wie schon beim EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland trafen beide. Und wieder kombinierten die 21-Jährigen nach Herzenslust auf dem Rasen. "Der Fleiß, den sie haben, ist das Entscheidende", sagte Nagelsmann über die "netten, normalen Typen". Als "Weltklasse" und "Segen für Fußball-Deutschland" bezeichnete Kollege Groß das Duo. Kapitän Joshua Kimmich konstatierte: "Die sind schon sehr entscheidend für uns. Die haben schon ein paar Scorer gesammelt."
Nagelsmanns Spitze gegen Organisatoren des Ballon d'Or
Nagelsmann konnte sich nach der Partie eine verbale Spitze gegen die Organisatoren des Ballon d'Or nicht verkneifen: "Wenn sie so bleiben, dann sind sie irgendwann beide für den Ballon d’Or nominiert. Und dann gibt es das Potenzial für beide, ihn mal zu gewinnen." Dass Hauptdarsteller Musiala von den französischen Machern der prestigeträchtigen Auszeichnung im Gegensatz zu Wirtz gerade nicht unter die letzten 30 Kandidaten berufen wurde, wirkte am späten Samstagabend in Düsseldorf tatsächlich wie eine große Fußball-Farce.
Havertz' Rückzug tut dem Spiel gut
Auch der Rückzug von Kai Havertz ins offensive Mittelfeld, der aus dem zentralen Sturm eine Reihe nach hinten rückte und ganz vorne Platz machte für Niclas Füllkrug, tat dem deutschen Spiel sichtbar gut. Nach zwei Lattentreffern konstatierte Nagelsmann zwar: "Ihm fehlt manchmal ein bisschen das Abschlussglück." Doch der Bundestrainer griff auch tief in die Lob-Kiste: "Kai hat in den letzten zwei Jahren einen großen Schub gemacht. Er hat das Potenzial zur Weltklasse auf vielen Positionen. Er läuft unglaublich viel und ist sehr clever geworden."
Nun gegen die Niederlande
Am Dienstag wartet dann ein vermutlich echter Härtetest auf die DFB-Auswahl. In Amsterdam trifft der viermalige Weltmeister auf den Erzrivalen Niederlande. "Ich freue mich schon. Holland hat eine sehr gute Mannschaft. Die Einzelspieler haben großes Potenzial. Sie spielen sehr variabel", sagte Nagelsmann.
Am Sonntagvormittag stand aber erst einmal ein öffentliches Training im Düsseldorfer Paul-Janes-Stadion an. Auch hier zeigte sich die wiedererwachte Fan-Begeisterung. Die 7.000 kostenlosen Tickets waren jedenfalls schnell vergriffen.