FIFA WM 2022 Nach Katar - wie die WM-Vergabe in Zukunft abläuft
Die WM 2022 und viele Turniere davor sind mutmaßlich nur mit Korruption vergeben worden. Das Vergabeverfahren wurde nach dem FIFA-Skandal 2015 geändert - bleibt aber weiter nicht frei von Problemen und Einflussnahme.
Wie lief die Vergabe früher ab?
Zuletzt wurden die Turniere inklusive der WM 2022 durch das FIFA-Exekutivkomitee vergeben. Dort saßen 24 Leute, die in geheimer Abstimmung den Austragungsort der WM bestimmten. Ein kleiner Personenkreis, mehrfach kam es bei Vergaben zu Korruption. Aus der jüngeren Vergangenheit stehen vor allem die Vergaben der Weltmeisterschaften 2006 (Deutschland) und 2010 (Südafrika), sowie die Doppelvergabe der Turniere 2018 (Russland) und 2022 (Katar) unter Verdacht.
Das Gremium hatte eine große Macht und stand wenig unter Kontrolle. 2015 kam es in Zürich zu einer von der US-Justiz angestoßenen Razzia, es kam zu sieben Verhaftungen in Zusammenhang mit Korruption bei WM-Vergaben. Der damalige FIFA-Präsident Sepp Blatter räumte 2016 seinen Posten.
Was hat sich geändert?
Die FIFA veränderte unter Präsident Gianni Infantino das Verfahren. Das FIFA-Exekutivkomitee wurde aufgelöst und durch den größeren FIFA-Rat ersetzt. Über die WM-Vergabe stimmt aber nun der FIFA-Kongress ab, das ist die Versammlung aller 211 Nationalverbände, die Mitglied in der FIFA sind.
Eine weitere entscheidende Änderung: Das Abstimmungsverhalten jedes Verbandes wird veröffentlicht. 2018 wurde die WM 2026 mit 134:65 Stimmen an die Bewerbung aus den USA, Kanada und Mexiko vergeben, Marokko unterlag. Wer wie abgestimmt hat, ist öffentlich einsehbar.
Ergebnis der Abstimmung über die Vergabe der WM 2026 beim FIFA-Kongress in Moskau 2018
Ist Korruption damit nicht mehr möglich?
Sie ist zumindest erschwert. Nun müssten potenzielle Stimmenkäufer viel mehr Menschen auf ihre Seite bringen, deren Stimmverhalten öffentlich ist. Die Zahl der Mitwissenden könnte zudem größer sein. Das Verfahren sei nun "objektiv und transparent", teilte Infantino in der Erklärung zum Bewerbungsverfahren 2018 mit.
Welche Probleme gibt es beim neuen Verfahren?
Als 2018 erstmals das neue Verfahren genutzt wurde, traten die USA mit Kanada und Mexiko gegen Marokko an. Der damalige US-Präsident Donald Trump schrieb bei Twitter: "Es wäre eine Schande, wenn die Länder, die wir dauernd unterstützen, sich gegen unsere Bewerbung wenden. Warum sollen wir diese Länder unterstützen, wenn sie uns nicht unterstützen?" Trump implizierte politische und wirtschaftliche Konsequenzen. Bei einer Pressekonferenz legte er nach und sagte: "Wir schauen uns das genau an."
Und genau das war auch möglich, denn hinterher konnte man nachlesen, wer wie abgestimmt hatte. Die gelobte Transparenz wurde zum Druckmittel.
Gibt es weitere Möglichkeiten der Einflussnahme?
Der FIFA-Kongress entscheidet, doch der Prozess beginnt früher. Vorher muss der FIFA-Rat - das Nachfolgegremium des FIFA-Exekutivkomitees - die Bewerbung zulassen, auch in öffentlicher Abstimmung. Die "Welt am Sonntag" berichtete 2018, dass Infantino versucht haben soll, Kriterien zu verschärfen. Sechs bei Bewerbung vorhandene Stadien sollten demnach Standard sein und nicht wie zuvor geplant vier. Marokko hatte fünf und wäre raus gewesen.
Das zunächst geplante Reglement blieb dann aber bestehen und Marokko konnte an dem Vergabeverfahren teilnehmen - verlor aber. In den Prüfberichten hatte Marokko (2,7 von 5,0 Punkten) zuvor klar schlechter abgeschnitten als die nordamerikanische Bewerbung (4,0). In den Prüfberichten der FIFA wird die Situation um Stadien, Infrastruktur und Einnahmemöglichkeiten bewertet.
FIFA-Kongress in Doha 2022
Nach Katar - welche Rolle spielen künftig Menschenrechte und Nachhaltigkeit?
Menschenrechte und Nachhaltigkeit sind im Bewerbungsprozess für die WM 2026 verankert gewesen, auch Arbeitsrecht wird explizit erwähnt. Gefordert ist demnach allerdings nur, diesbezüglich "Risiken zu minimieren".
Infantino wurde 2021 gefragt, ob das nun beispielsweise eine Bewerbung Chinas ausschließe. Die Antwort: "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Menschenrechte als Voraussetzung auch bedeutet, sie anzusprechen. Wir müssen auf Menschen zugehen und niemanden ausschließen. Wir müssen alle auf der Welt einbeziehen." Wie bei Katar sprach Infantino von der "Kraft des Fußballs, positive Veränderungen herbeizuführen". Also: eine Hintertür.
Wie geht es bei der WM 2030 weiter?
Auch bei der WM 2030 soll nach bisherigem Stand der FIFA-Kongress entscheiden. Die Frage nach Details wird entscheidend sein. Für die WM 2026 waren Bewerbungen aus Europa und Asien nicht zugelassen, weil dort die Turniere 2018 und 2022 stattgefunden haben. Eine Frage bei den Details lautet: Gilt dieser Ausschluss auch 2030? Die Regeln werden 2023 veröffentlicht, abgestimmt wird beim Kongress 2024.
Die WM 2030 wird nach der WM 2026 die zweite mit 48 Teams und möglicherweise bis zu 104 Spielen. Bestätigte oder angekündigte Bewerbungen gibt es einige:
- Europa: Spanien, Portugal mit der Ukraine
- Südamerika: Uruguay gemeinsam mit Argentinien, Paraguay und Chile
- Afrika: Marokko (möglicherweise mit weiteren Ländern)
- Interkontinental: Saudi-Arabien, Ägypten und Griechenland