FIFA WM 2022 Ronaldo verabschiedet sich als gefallene Legende
Früher war er ein Weltklasse-Stürmer, bei der WM 2022 löste er fast nur Mitleid aus: Cristiano Ronaldo verlässt die große Fußball-Bühne mit Tränen in den Augen. Ob er sie jemals wieder betritt, ist ungewiss.
Ganz am Ende zeigte der Superstar dann tatsächlich menschliche Züge. Cristiano Ronaldo, im normalen Leben durch und durch durchchoreografiert, schlurfte nach dem verlorenen WM-Viertelfinale gegen Marokko (0:1) durch die Katakomben des Al Thumama Stadiums und ließ seinen Tränen freien Lauf. Die Bilder des weinenden Ronaldos gingen um die Welt und lösten eine Welle an Mitleids-Bekundungen aus. Tenor: Das hat er nicht verdient. Der traurige Schlusspunkt eines deprimierenden letzten Karriere-Aktes.
Ronaldo ein Schatten seiner selbst
Jahrelang hatte sich Ronaldo möglichst breitbeinig durch die Stadien dieser Erde "johnwaynet", um sich dann mit hängenden Schultern zu verabschieden. Nach dem geplatzten Titel-Traum hätte ihm die geballte Fußball-Welt am liebsten den Hinterkopf getätschelt und gesagt, dass alles gar nicht so schlimm ist. Es ist nur ein Spiel, es ist doch nur Fußball.
Für die Legende Ronaldo war und ist der Fußball aber alles. Und für viele Fußball-Fans war und ist Ronaldo alles. Die Legende schoss jedoch vor allem bei dieser WM keine Tore mehr (ein verwandelter Elfmeter) und ist mittlerweile nur noch ein Auslaufmodell. Früher war mehr Grandezza.
Ronaldo schaut neidisch auf Messi und Modric
Ronaldo, inzwischen 37 Jahre alt und vereinslos, hatte zuvor in seinem letzten Spiel bei einer Weltmeisterschaft zwar zum insgesamt 196. Mal für seine Nationalelf auf dem Platz gestanden und damit den Weltrekord von Bader Al-Mutawa aus Kuwait eingestellt. Dass er auch diese Partie nur als Joker erlebte, verdeutlichte aber erneut die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Ronaldo ist einer von drei Weltfußballern bei dieser WM. Seine Vita ist aber inzwischen beeindruckender als sein Auftreten.
Im Gegensatz zu seinem ewigem Widersacher Lionel Messi, einem der beiden anderen Ballon-d'Or-Gewinner, und Luka Modric, dem dritten im Weltfußballer-Bunde, brachte Ronaldo seine PS in Katar einfach nicht mehr auf die Straße. Seine frühere Explosivität, seine Torgefahr, seine Sprungkraft. Alles Vergangenheit. Den Wirbel, den er vor der WM mit seinem Interview bei Piers Morgan verursacht hatte, löste er beim Turnier in Katar nie aus.
Santos setzt Ronaldo auf die Bank
Dabei war alles relativ normal losgegangen. In der Vorrunde hatte der ehemalige Ausnahmekönner noch dreimal in der portugiesischen Startelf gestanden und sein Team auf den Rasen geführt. Nach nur einem Treffer (per Elfmeter) und sehr wenigen gelungenen Aktionen setzte Trainer Fernando Santos seinen Spezi und Kapitän Ronaldo dann aber auf die Bank. Der "Spiegel" verglich Ronaldos Performance in der Gruppenphase mit der des Kölner Mittelstürmers Steffen Tigges. Klingt gemein, aber Tigges war auch lange verletzt.
"Ich bereue nichts", bekräftigte Trainer Santos deshalb in Bezug auf die Degradierung seines Superstars. "Er wurde eingewechselt, als wir das für nötig hielten." Im Achtelfinale für 16, im Viertelfinale immerhin für 39 Minuten. Früher wäre das undenkbar gewesen.
Ronaldo vor ungewisser Zukunft
Und so muss sich Ronaldo langsam aber sicher selbst eingestehen, dass seine Karriere, eine der größten und schillerndsten der Fußball-Geschichte, am Ende der Zielgeraden angekommen ist. Bei Manchester United ist Ronaldo in den vergangenen Monaten vom Führungsspieler zum geduldeten Stammspieler zum Reservisten und schließlich zur Persona non grata abgestiegen. Nach seinem Rauswurf bei den "Red Devils" ist er nach wie vor auf der Suche nach einem neuen Verein.
Tendenz: In den Manegen einer der arabischen Ligen könnte er als "Zirkus-Attraktion" noch sehr viel Geld verdienen, eine Rückkehr auf die große Fußballbühne ist für Ronaldo aber nahezu ausgeschlossen und den richtigen Moment des Absprungs hat er aber ohnehin schon verpasst.
Weitgehend nebulöse Aussagen über seine Zukunft
Über seine Zukunft äußerte sich der 37-Jährige am Sonntag (11.12.2022) ziemlich nebulös - nur in Sachen Weltmeisterschafts-Teilnahme 2026 lässt sich etwas Klares aus seinen Aussagen ableiten: Das Thema ist durch. CR7 schrieb bei Instagram: "Sein "größter Traum", der vom WM-Pokal, für den er bei fünf WM-Endrunden seit 2006 "hart gekämpft" und "immer alles gegeben habe", sei am Samstag "geplatzt".
Ronaldo schrieb weiter: Er wolle, dass alle wissen, dass viel gesagt, viel geschrieben und viel spekuliert wurde. Aber sein "Engagement für Portugal hat sich nicht geändert, nicht für einen Moment. Ich habe immer für das Ziel aller gekämpft und würde meinen Kollegen und meinem Land niemals den Rücken kehren." Dann fügte er hinzu: "Viel mehr gibt es im Moment nicht zu sagen. Danke Portugal. Danke Katar. Der Traum war schön, solange er dauerte... Jetzt hoffen wir, dass die Zeit ein guter Berater ist und jeder seine eigenen Schlüsse ziehen kann." Er selbst scheint die einzig richtigen Schlüsse allerdings noch nicht ziehen zu wollen.