Der iranische Nationalspieler Ehsan Hajsafi

FIFA WM 2022 Irans Kapitän solidarisiert sich mit Protesten

Stand: 20.11.2022 23:29 Uhr

Das Regime im Iran geht mit großer Härte gegen Menschen vor, die für Rechte von Frauen kämpfen. Bei der WM in Katar steht das Team des Iran deshalb auch politisch im Blickfeld - der Kapitän setzte ein erstes Zeichen.

Es war das sechste Todesurteil seit Beginn der Proteste im Iran: Am Sonntag (20.11.2022) wurde ein Angeklagter im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten zum Tode verurteilt. Das Revolutionsgericht in Teheran befand ihn für schuldig, "während der jüngsten Unruhen ein Messer gezogen" zu haben, "mit der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Gesellschaft zu verunsichern".

Wenige Stunden vor Bekanntwerden der Verurteilung meldete sich Irans Nationalmannschafts-Kapitän Ehsan Hajisafi auf der Pressekonferenz vor dem England-Spiel zu Wort. "Im Namen des Gottes des Regenbogens", begann Hajisafi und wandte sich an die trauernden Familien im Iran.

"Sie sollen alle wissen, dass wir bei ihnen sind und sie unterstützten. Wir leiden mit ihnen." Der Gott des Regenbogens ist im Iran zu einem Symbol für Kian Pirfalak geworden, der von Einsatzkräften des Regimes erschossen wurde.

Sport spielt eine große Rolle bei den Protesten

Ehsan Hajisafi und sein Team spielen Montag bei der WM in ihrem ersten Gruppenspiel gegen England. Der Sport spielt bei den Protesten im Iran eine große Rolle. Zahlreiche Sportlerinnen entledigten sich ihres Hijabs, ein Kopftuch, das im Iran vorgeschrieben ist - mit teils drastischen Folgen wie bei der Kletterin Elnaz Rekabi. Viele männliche Sportler zeigten Gesten der Solidarität mit den Frauen, die für mehr Rechte kämpfen. Der Ruf der Protestierenden: "Zan, zendegi, azadi ("Frau, Leben, Freiheit!")."

Seit die Kurdin Mahsa Amini am 16. September wegen eines falsch getragenen Kopftuchs ("Hijab") von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden war und später im Krankenhaus starb, wird in vielen Städten des Iran protestiert, die Einsatzkräfte des Regimes gehen mit großer Härte gegen die Menschen vor.

Die Nichtregierungsorganisation Iran Human Rights zählte bis zum 19. November 379 Tote, darunter 47 Kinder und 27 Frauen, dabei geht die Organisation davon aus, dass die tatsächliche Zahl höher ist.

Zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus dem Sport

Vom Sport gingen zuletzt zahlreiche Symbole und Gesten aus. Ein Beachsoccer-Spieler symbolisierte nach einem Tor ein Abschneiden seiner Haare - womit viele Frauen im Iran protestiert hatten. Beim iranischen Supercup verweigerte die Mannschaft des Teheraner Vereins Esteghlal den Jubel, die Fernsehübertragung wurde abgebrochen.

Protest der Nationalmannschaft bei Österreich-Länderspiel

Und auch die Nationalmannschaft der Männer protestierte: Bei einem Spiel in Österreich trugen sie schwarze Jacken, um nationale Symbole zu verdecken. Auch Ehsan Hajisafi war dabei. Auch Leverkusens Sardar Azmoun zeigte sich bei Instagram solidarisch, später löschte er seinen Beitrag.

Futsalspielerin aus Nationalteam entfernt

Der WDR berichtete über Shiva Amini, die in der Futsal-Nationalmannschaft spielte. "Ich erhielt eine Nachricht vom iranischen Fußballverband, dass ich ab jetzt gesperrt sei", berichtete Shiva.

"Aus der Schweiz habe ich den Verband dann angerufen. Sie sagten mir: 'Du hast Schande über die islamische Republik gebracht. Deswegen darfst Du nie wieder Sport machen.' Ich habe noch versucht, mit ihnen zu reden, aber sie haben auch meine Familie im Iran unter Druck gesetzt."

Teil der Revolution

Bamdad Esmaili und Tom Klees, Sport inside, 19.11.2022 14:00 Uhr

Aufruf zum WM-Ausschluss des Iran verhallt

Die Organisation "Open Stadiums", die sich für den freien Zugang von Frauen zu Fußballspielen einsetzt, schrieb der FIFA im September einen offenen Brief. Darin forderte sie den Ausschluss des Irans von der WM in Katar 2022.

Die Spieler der iranischen Nationalmannschaft mit Trainer Carlos Queiroz beim Training in Katar

Die Spieler der iranischen Nationalmannschaft mit Trainer Carlos Queiroz beim Training in Katar

"Bis heute ist unser Brief ohne Antwort", schreibt die Organisation in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der Beitrag schließt mit den Worten: "Mit der Hilfe derer, die unsere Stimmen verstärken, wird es für die Funktionäre der FIFA schwer werden zu behaupten, dass sie von nichts wussten. Ihr wusstet es. Aber ihr wolltet nicht handeln." Anfragen zum Thema Iran beantwortete die FIFA bislang nicht.