FIFA WM 2022 Oliver Bierhoff löst nach WM-Debakel Vertrag mit dem DFB auf
Beim DFB wurden nach dem Ausscheiden in der Gruppenphase bei der WM 2022 in Katar Konsequenzen gezogen. Der Vertrag von Oliver Bierhoff, dem Geschäftsführer der Nationalmannschaften, wurde vorzeitig aufgelöst.
Oliver Bierhoff verlässt den Deutschen Fußball-Bund (DFB) nach 18 Jahren als Konsequenz aus dem WM-Debakel. Die Vertragsauflösung gab der DFB am Montagabend (05.12.2022) bekannt. Bierhoff war beim Verband zuletzt "Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie". Über die Nachfolgeregelung sollen die DFB-Gremien beraten. Bierhoffs Vertrag lief bis 2024.
Bierhoff: "Mache damit den Weg frei"
"Nach 18 Jahren in verantwortlichen Positionen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) habe ich mit sofortiger Wirkung meine Tätigkeit als Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie beendet. Darauf habe ich mich heute mit Präsident Bernd Neuendorf verständigt. Ich mache damit den Weg frei für neue Weichenstellungen", hieß es in einer Erklärung von Bierhoff.
"Übernehme Verantwortung für falsche Entscheidungen"
"Mein Wirken war stets getrieben von der Überzeugung, mein Bestes für den DFB und die Nationalmannschaften zu geben. Umso mehr schmerzt mich das Abschneiden der Männer Nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften in Russland und Katar", erklärte Bierhoff weiter: "Ich gehe deshalb auch nicht ohne die nötige Selbstkritik. In den vergangenen vier Jahren haben wir es nicht geschafft, an frühere Erfolge anzuknüpfen und den Fans wieder Grund zum Jubeln zu geben. Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung."
Neuendorf dankt Bierhoff
DFB-Präsident Bernd Neuendorf dankte dem scheidenden Geschäftsführer. "Oliver Bierhoff hat sich große Verdienste um den DFB erworben. Auch wenn die letzten Turniere hinter den sportlichen Zielen zurückblieben, steht er für große Momente. Sein Wirken wird für immer mit dem WM-Erfolg in Brasilien verbunden bleiben", hieß es in einer Mitteilung.
Watzke: "Respekt, Anerkennung und Dank"
Auch der DFB-Vizepräsident und DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke würdigte Bierhoffs jahrelangen Einsatz. "Oliver Bierhoff hat sich in den 18 Jahren seines Wirkens erhebliche Verdienste um den deutschen Fußball erworben", sagte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Ihm gebührten "Respekt, Anerkennung und Dank", sagte Watzke.
ARD-Experte Hitzlsperger überrascht von schneller Vertragsauflösung
ARD-Experte Thomas Hitzlsperger hat nicht damit gerechnet, dass die Entscheidung wenige Tage nach dem WM-Aus fallen würde. Es habe ihn überrascht, dass es "so schnell zu einer Vertragsauflösung kommt". Bierhoff habe sehr viel für den deutschen Fußball gemacht, mit der DFB-Akademie ein großes Projekt vorangetrieben und vielen Managern in der Bundesliga und 2. Bundesliga "extrem geholfen". "Er hat mich als Spieler und auch später dazu angeregt, mich weiterzuentwickeln, mich weiterzubilden und nie still zu stehen." Dennoch, sagte Hitzlsperger, habe Bierhoff bereits selbst eingeräumt, nach drei erfolglosen Turnieren wenig Argumente für einen Verbleib zu haben.
Flick stellt eigene Zukunft infrage
Bundestrainer Flick hat betroffen auf den Abschied seines "ersten Ansprechpartners und Freundes" reagiert und offen die Zukunftsfrage gestellt. "Meinem Trainerteam und mir fällt im Moment die Vorstellung schwer, wie die durch Olivers Ausscheiden entstehende Lücke fachlich und menschlich geschlossen werden kann", sagte der Bundestrainer in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.
2014 Weltmeister, danach fast nur Enttäuschungen
Der 54 Jahre alte Bierhoff war seit 2004 in verantwortlicher Position für die Nationalmannschaft tätig. In diese Zeit fielen zunächst viele Erfolge, den größten feierte er mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014. Die folgenden drei Turniere endeten dann jedoch enttäuschend. Wie in Russland 2018 schied Deutschland nun auch vier Jahre später nach der Vorrunde aus. Bei der EM 2020 kam die Auswahl des DFB auch nur bis ins Achtelfinale.
Zunehmende Entfremdung zwischen Fans und der Nationalmannschaft
Noch wichtiger für die Freistellung als die sportlichen Gründe dürfte aber gewesen sein, dass Bierhoff eine zunehmende Entfremdung zwischen Fans und der Nationalmannschaft zu verantworten hat. Sinnbildlich hierfür steht der 2015 eingeführte Claim "Die Mannschaft", der vom im März gewählten DFB-Präsidenten Neuendorf einkassiert worden war.
Sportschau-Informationen: Bierhoff sollte für Akademie zuständig bleiben
Auch Watzke, qua Amt als Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball Liga (DFL) auch 1. Vizepräsident beim DFB, hatte sich für die Abschaffung des Claims ausgesprochen. Watzke war nach Informationen der Sportschau bei dem Treffen dabei, das zu Bierhoffs Aus, gut 18 Monate vor Beginn der Europameisterschaft in Deutschland, geführt hat.
Dabei soll es zunächst bei dem Gespräch nur darum gegangen sein, Bierhoff den Bereich Nationalmannschaft zu nehmen. Für die in Frankfurt am Main erst vor wenigen Monaten eröffnete Akademie sollte der frühere Nationalspieler die Zuständigkeit behalten. Dies habe er aber abgelehnt.
Wer künftig den Weg als für die Nationalmannschaften und die Akademie verantwortlicher DFB-Direktor vorgibt oder ob es zu einer Neustrukturierung der Aufgaben kommt, ist offen.