FIFA WM 2022 WM-Blamage perfekt - Deutschland fährt nach Hause
Zum zweiten Mal nach 2018 blamiert sich Deutschland bei einer Fußball-WM komplett - und fährt schon nach der Vorrunde nach Hause. Der 4:2 (1:0)-Sieg gegen Costa Rica fiel zu niedrig aus, zumal im Parallelspiel Japan Spanien schlug.
Bundestrainer Hansi Flick hatte mit seiner Startelf alle überrascht. Dass er nichts auf den bundesweiten Druck geben würde, Niclas Füllkrug in die Startelf zu berufen, war dabei fast noch zu erwarten gewesen. Dafür baute er plötzlich im Mittelfeld um, ließ Ilkay Gündogan und Leon Goretzka auf den beiden Sechser-Positionen ran und brachte zum ersten Mal in seiner Amtszeit Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger.
Müller zielt schlecht, Gnabry besser
Kimmich, der auf dieser Position zuletzt bei der WM 2018 gegen Südkorea gespielt hatte, nahm sich der Sache professionell an. Die erste Chance der Partie vergab nach knapp zwei Minuten Jamal Musiala, dessen Distanzschuss Keylor Navas klasse abwehrte - dann flankte Kimmich auf den völlig freistehenden Thomas Müller, der platzierte seinen Kopfball ganz schlecht und verfehlte das Tor (9. Minute).
Thomas Müller
Serge Gnabry zielte eine Minute später besser. Nach einer Verlagerung von Musiala flankte David Raum scharf von links, Gnabry wuchtete den Kopfball gegen die Laufrichtung von Navas zum 1:0 ins lange Eck. Kurz danach kam die Nachricht aus dem Parallelspiel, dass Spanien gegen Japan durch Álvaro Morata in Führung gegangen war - zu diesem Zeitpunkt war Deutschland also weiter.
Standfußball wie in der DFB-Traditionself
Doch statt anschließend mit Überzeugung und Tempo weiter Druck zu machen, verfiel das DFB-Team in einen rätselhaften Verwaltungsmodus. Phasenweise sah es nach Standfußball einer DFB-Traditionsmannschaft aus, der Ball lief in ungefährlichen Zonen quer, zurück und nochmal quer, ein zielgerichtetes Spiel in die Spitze und auch über die Außenbahnen war nicht mehr zu erkennen.
Auch taktisch kann die Vorstellung in dieser Phase nicht viel mit dem ursprünglichen Plan Flicks zu tun gehabt haben. So hielt sich Goretzka permanent in der Mittelstürmerposition auf, war damit beim Aufbau völlig außen vor. Auch Müller und Gündogan tauchten zunehmend ab, bis zur Pause sorgten offensiv nur noch die Versuche von Kimmich aus der Distanz (34., Navas wehrte ab), Musiala nach einem Dribbling (36., rechts daneben) und Gnabry (40., knapp am rechten Winkel vorbei) für ein wenig Aufregung.
Dramatische Patzer in der Defensive
Dafür gab es defensiv plötzlich dramatische Fehler. In der 43. Minute trat erst Raum bei einem Klärungsversuch ein Luftloch, dann schoss Antonio Rüdiger seinen Gegenspieler an - Manuel Neuer bügelte den Doppelpatzer mit einem Weltklasse-Reflex gegen Keysher Fuller aus. Zwei Minuten später senste dann auch Niklas Süle am eigenen Fünfmeterraum an der Kugel vorbei, die Costa Ricaner waren aber zu überrascht, um daraus Kapital zu schlagen.
Die beste Nachricht zur Pause war, dass Deutschland virtuell immer noch im Achtelfinale stand. Zur Halbzeit wechselte Hansi Flick, allerdings zwangsläufig. Leon Goretzka musste mit muskulären Problemen vom Feld. Lukas Klostermann kam als rechter Verteidiger und Kimmich rutschte zurück in die Zentrale.
Parallelspiel kippt, Ausgleich durch Tejeda
Doch es folgten lauter schlechte Botschaften. Das Parallelspiel kippte zugunsten der Japaner, den Deutschen fiel immer weniger ein, es machte sich komplette Verunsicherung breit. Und Costa Rica kam plötzlich immer öfter über die Mittellinie. In der 58. Minute nutzte Yeltsin Tejeda das totale Chaos in der DFB-Abwehr zum 1:1. Danach hatte Musiala gleich zweimal Pech mit Pfostenschüssen (61./67.), und es kam noch schlimmer: Neuer irrte in der 70. Minute orientierungslos durch seinen Strafraum, schoss Juan Pablo Vargas an, von dessen Schienbein der Ball über die Linie trudelte - plötzlich führte Costa Rica sogar.
Flick erhöhte nun endlich das Risiko, stärkte mit Kai Havertz und Mario Götze die Offensive, was am Ende den Sieg brachte: Havertz erzielte in der 73. Minute zunächst den Ausgleich und legte fünf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit das 3:2 nach. Joker Füllkrug zeigte in der 89. Minute dann mit dem 4:2 noch, das mit ihm in der Startelf mehr Tore möglich gewesen wären, auch kurz davor war er mit einem Top-Abschluss nur knapp an Navas gescheitert. Doch Flick hatte die komplette Vorrunde über eine andere Idee - das desaströse Aus, bevor die WM erst so richtig anfängt, ist dafür die Quittung.
Müller hält Abschiedsrede
Thomas Müller sprach anschließend in der ARD offen über ein mögliches Ende seiner Karriere in der Nationalmannschaft. "Für mich ist das eine absolute Katastrophe. Falls das mein letztes Spiel gewesen sein sollte, will ich mich bei den deutschen Anhängern bedanken." Seine direkt an die Fernsehzuschauer gerichteten Worte schloss er mit dem Satz: "Ich habe es mit Liebe getan, alles weitere muss ich erst mal sehen."
Flick hingegen will weitermachen. "Von meiner Seite aus: ja. Ich habe nach wie vor Spaß an der Aufgabe", sagte der Bundestrainer im Sportschau-Interview. "Wir haben es einfach versäumt, unsere Chancen zu nutzen. Zur Halbzeit war ich richtig sauer, es ist eine Riesen-Enttäuschung."