Fans auf der Tribüne mit Free Palestine Flagge

FIFA WM 2022 "Pro Palästina" bei der WM - das steckt dahinter

Stand: 26.11.2022 21:20 Uhr

Bei der WM 2022 in Katar kommt es seitens der Fans immer wieder zu Solidaritätsbekundungen mit Palästina. Wie sind diese einzuordnen - und wird es Sanktionen geben?

Die "One Love"-Kapitänsbinde war eines der beherrschenden Themen der ersten WM-Woche. Sieben europäische Teams hatten in Katar mit dem bunten Stück Stoff auflaufen wollen, um damit ein Zeichen für Diversität und gegen Diskriminierung zu setzen. Nach einem Verbot und Androhung von Sanktionen seitens der FIFA machten die Verbände einen Rückzieher.

Auch abseits des Feldes waren politische Botschaften bisher ein großes Thema bei der WM. So wurden immer wieder Fans oder auch Journalisten, die sich mit freiheitlichen Symbolen bei Spielen zeigten, durch katarische Sicherheitskräfte belangt.

Viele arabische Fans mit grün-weißer Binde

In den vergangenen Tagen präsentierten sich nun vermehrt arabische Fußballfans im Umfeld der Spiele mit einer grün-weißen Binde. Darauf abgebildet: die Flagge Palästinas. So waren in den sozialen Netzwerken zahlreiche Anhänger Katars zu sehen, die den Armschmuck beim zweiten Gruppenspiel des Gastgebers gegen den Senegal (1:3) trugen.

"Pro Palästina"-Unterstützung auch auf der Ehrentribüne

Auch auf der Ehrentribüne seien die Armbinden getragen worden, beobachtete Sportschau-Reporter Philipp Sohmer. Er bestätigte auch, dass es seitens Katars und der arabischen Länder vor dem Turnier Überlegungen gegeben habe, dass ihre Mannschaften mit der 'Pro-Palästina'-Binde auflaufen - als Reaktion auf die europäischen Bestrebungen mit der "One Love"-Binde.

Bisher keine Sanktionen bekannt

Ein Vorhaben, das aufgrund des FIFA-Verbots nicht umgesetzt wurde - weder von den Europäern noch von den Arabern. Stattdessen gibt es die "Pro Palästina"-Bekundungen auf der Tribüne. Sei es mit der Binde - oder mit "Free Palestine"-Fahnen. Auch bei den Spielen arabischer und nordafrikanischer Teams, etwa Saudi-Arabien oder Tunesien, kam es immer wieder zu Solidarisierungen mit Palästina. Von Sanktionen seitens der Sicherheitskräfte, wie sie europäische Anhänger erfahren mussten, ist bislang nichts bekannt.

Für ARD-Korrespondent Ramin Sina sind die "Pro Palästina"-Bekundungen eine "klare Reaktion auf die 'One Love'-Binden. Hier wird gezeigt: 'Wenn ihr die WM für politische Botschaften nutzt, dann können wir das auch'", sagte er im Gespräch mit der Sportschau.

ARD-Korrespondent: "One Love"-Binde eine "klare Provokation"

Die Diskussionen in Europa um die "One Love"-Armbinde und auch das Tragen derselben durch bekannte Persönlichkeiten wie etwa durch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser seien in der katarischen Bevölkerung registriert worden, so Sina: "Das ist nicht gut angekommen. Für viele ist das eine Provokation, dass in ihrem Land politische Botschaften gesetzt werden - und darauf erfolgt jetzt die Reaktion."

Direktflüge nach Katar für Israelis und Palästinenser

Die Solidarität für Palästina sei in der arabischen Welt "für viele Menschen ein großes Thema". Dabei hatten sich die Regierungen von Katar und Israel Anfang November noch angenähert. Der Gastgeber ließ kurz vor der WM erstmals spezielle Direktflüge von Tel Aviv nach Doha zu. Auch palästinensische Fußballfans sollten davon profitieren.

"Mit diesem Abkommen können Israelis und Palästinenser gemeinsam fliegen und den Fußball gemeinsam genießen", hatte FIFA-Präsident Gianni Infantino gesagt. US-Außenminister Antony Blinken nannte die Flüge einen "historischen Schritt", der "die Beziehungen zwischen den Menschen stärken" werde.

"Die Flüge sind schon etwas Besonderes"

Ein Ende des Nahostkonflikts zwischen Israel und Palästina ist allerdings trotz dieser zarten Annäherungen nicht in Sicht. "Katar sieht sich selbst als Vermittlerstaat. Sie unterhalten zu ganz vielen Staaten und Organisationen eine diplomatische Beziehung", analysierte Sina. Man solle das nicht überbewerten, wenngleich "die Flüge schon etwas besonderes sind".

"Solidarität mit Palästina zieht sich durch arabische Welt"

Deshalb glaubt Sina, dass es bei der WM rund um die Spiele weiterhin Bekundungen für Palästina geben wird. Mit einer starken Zunahme - etwa durch den Nachahmereffekt und die sozialen Netzwerke - rechnet der ARD-Korrespondent nicht.

Befürworter der Aktion gibt es seiner Meinung nach aber viele. "Die Solidarität mit Palästina zieht sich durch die arabische Welt, da gibt es genug Fans, die die Binde tragen würden. Da geht es auch ein bisschen darum zu zeigen, dass nicht nur West-Europa solche Statements geben darf."

Läuft Katars Kapitän mit Pro-Palästina-Armbinde auf?

Dass die Solidarisierungen auch auf dem Feld ankommen, glaubt Sina indes nicht. Auch wenn es in den sozialen Netzwerken Gerüchte gibt, dass Katars Kapitän Hassan Al-Haydos im letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande (29.11.2022, 16 Uhr, live im Ersten und im Sportschau-Stream) mit der palästinensischen Flagge als Kapitänsbinde auflaufen wolle.

"Die FIFA verbietet ja politische Statements", sagte Sina: "Das gilt natürlich in beide Richtungen. Man kann nicht das eine sanktionieren - und das andere nicht. Zweierlei Maß - das würde mich schon wundern."

WM-Gastgeber Katar historisch früh raus

Wobei Sanktionen Katar nicht allzu schwer treffen dürften. Schließlich ist der Golf-Staat vorzeitig ausgeschieden - so früh wie kein anderer WM-Gastgeber seit Einführung der Gruppenphase.