Moritz Nicolas

Offiziell Nummer eins Gladbach: Spätstarter Nicolas am Ziel seiner Träume

Stand: 23.11.2024 00:25 Uhr

Nach einem jahrelangen Ausleih-Marathon ist Moritz Nicolas jetzt offiziell Stammtorwart in Gladbach. Für ihn geht damit ein Traum in Erfüllung, sagt er im Sportschau-Interview.

Von Andreas Artz

Die frohe Botschaft erfuhr Moritz Nicolas ganz klassisch im Büro. Gerardo Seoane, der Trainer von Borussia Mönchengladbach, bat seinen Schlussmann in sein persönliches Arbeitszimmer im Borussia-Park und schilderte ihm gemeinsam mit Torwarttrainer Andre Wachter, dass er ab sofort die Nummer eins sei - und zwar auf unbestimmte Zeit. Der bisherige Stammkeeper Jonas Omlin muss sich trotz überstandener Verletzung hinter ihm einordnen.

"Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut", erzählt Nicolas im Gespräch mit der Sportschau. Mit 27 Jahren ist der Spätstarter nun am Ziel seiner Träume angekommen - nach einem regelrechten Ausleih-Marathon. Viermal wurde Nicolas, der vor anderthalb Jahren noch die Nummer drei in Gladbach war, zu anderen Klubs verliehen. Dabei kam er ordentlich herum: Union Berlin, VfL Osnabrück, Viktoria Köln, Roda Kerkrade - und zwischendurch immer wieder kurz Borussia Mönchengladbach.

Probleme als Leihspieler

Nicht alle Stationen liefen dabei nach Plan. Während er bei Union und Osnabrück nicht an den jeweiligen Stammtorhütern Rafal Gikiewicz und Philipp Kühn vorbeikam, sammelte er bei Drittligist Viktoria Köln und beim niederländischen Zweitligisten Kerkrade die erhoffte Spielpraxis.

Marcel Titsch Rivero (HFC, 26) bei seinem Tor zum 1:1 gegen Torwart Moritz Nicolas (Köln, 22).

Ganz schön beweglich: Moritz Nicolas (weißes Trikot), hier bei einem Spiel für Viktoria Köln.

Nach seiner erneuten Rückkehr nach Mönchengladbach im Sommer 2023 erkämpfte sich Nicolas dann zumindest den Platz als Nummer zwei hinter Jonas Omlin. Als der in der vergangenen Saison dann lange wegen einer Schulterverletzung ausfiel, sprang Nicolas ein und überzeugte. Nach seinem Bundesliga-Debüt für Gladbach beim 1:2 gegen die Bayern folgten noch 29 weitere Spiele. In einer tristen Gladbacher Saison war Nicolas einer der wenigen Lichtblicke.

Nicolas: Nie an Wechsel gedacht

Dennoch musste er nach Omlins Rückkehr am Ende der vergangenen Saison wieder zurück auf die Bank und verbrachte dort auch den Start der laufenden Spielzeit. Bis sich Omlin im September erneut verletzte, Nicolas wieder die Chance bekam und nun dauerhaft im Tor bleiben darf. "Mo hat die letzten Wochen konstant gut performt und sich das durch seine Leistungen verdient", erklärt Trainer Seoane den Wechsel zwischen den Pfosten.

Für Nicolas endet damit ein langer Weg nach oben. Trotz der vielen Leihen war es für ihn aber nie eine Option, Gladbach dauerhaft zu verlassen: "Mein Ziel ist es immer gewesen, zurückzukommen. Ansonsten hätte ich mich auch verkaufen lassen können, das wäre möglich gewesen. Ich bin in der U19 hierhingekommen und es ist immer mein Traum gewesen, hier in der Bundesliga zu spielen", betont er.

Großer NFL-Fan

Nicolas fühlt sich eben wohl am Niederrhein. Mit mehreren Teamkollegen teilt er auch die Leidenschaft für die nordamerikanische Football-Liga NFL. Gemeinsam spielen sie ein Manager-Spiel, ähnlich wie es es auch für die Bundesliga gibt. Auf welcher Position er sich im American Football sehen würde? Nicolas muss kurz überlegen. "Wahrscheinlich als Wide Receiver. Das kommt dem Torwart-Dasein am nächsten. Nur an der Schnelligkeit wird es vielleicht hapern", sagt er und lacht.

Moritz Nicolas

Moritz Nicolas

Statt Schnelligkeit bringt Nicolas aber vieles andere mit, was ihm auf der Odyssee zur Nummer eins geholfen hat: Er ist hartnäckig, standfest, ehrgeizig - so kämpfte er sich Stück für Stück nach oben. Los ging das bereits in der Jugend: Relativ lange spielte der gebürtige Gladbecker bei verschiedenen Amateurvereinen im Ruhrgebiet, erst in der U16 wechselte er erstmals zu einem Profiklub.

Beim Testspiel entdeckt

Udo Platzer holte ihn damals zu Rot-Weiss Essen und erinnert sich noch genau daran, wie er Nicolas bei einem Testspiel gegen Amateurklub VfB Hüls entdeckte: "Nach zehn Minuten habe ich gesagt: Den muss ich haben. Allein wie er die Bälle da aus der Luft gepflückt hat, war Wahnsinn", erinnert sich der damalige U16-Trainer, der mittlerweile als Sportlicher Leiter für die U14 und die U15 von RWE zuständig ist.

Es war die Initialzündung für Nicolas Karriere: Er setzte sich in Essen durch, blieb drei Jahre, ehe er 2015 nach Mönchengladbach weiterzog. Platzer beschreibt Nicolas als "einen Menschen, der gut halten kann und auch menschlich ein toller Typ ist". Umso mehr freut er sich nun über Nicolas' Beförderung zur Nummer eins: "Moritz hat immer auf seine Chance gewartet, ohne zu murren. Das hätten nicht viele gemacht. Das spricht für seine Charakterstärke, er hat Ruhe bewahrt und dann seine Chance genutzt."

Studium neben der Karriere

Parallel zum Fußball bereitet sich Nicolas bereits auf die Zeit nach der Karriere vor: Nebenbei studiert er "Sportbusiness Management", auch um "ein bisschen was für meinen Kopf zu tun", wie er selbst sagt. Sportlich gesehen will er das Vertrauen der Verantwortlichen nun weiter mit guten Leistungen zurückzahlen.

Nach vier ungeschlagenen Spielen in Serie gehen seine Gladbacher mit Rückenwind ins Spiel am Sonntagabend zuhause gegen Aufsteiger FC St. Pauli. Sein Wunsch-Sonntag? "Drei Punkte und ein Zu-Null-Spiel, das wäre weltklasse", sagt er. Es wäre die nächste frohe Botschaft für den Spätstarter Moritz Nicolas.