Vor dem NHL-Start Leon Draisaitl und seine ewige Jagd nach dem Stanley Cup
Rekordvertrag, neue Mitspieler, Hochzeit - Eishockey-Star Leon Draisaitl hat sportlich und privat viel vor. Die Chancen auf den NHL-Titel stehen diese Saison so gut wie nie.
Leon Draisaitl musste etwas schmunzeln. "Ich weiß, dass das nicht lange anhalten wird", sagte der 28-Jährige vor dem Start der neuen NHL-Saison am Dienstag (08.10.2024). Gemeint war sein künftiger Status als bestbezahlter Eishockeyspieler der Welt. Ein paar Wochen zuvor hatte Draisaitl einen neuen Vertrag bei den Edmonton Oilers unterschrieben, der ab 2025 gilt: Acht Jahre, 112 Millionen Dollar, macht 14 Millionen pro Saison.
"Habe mir das für ein Jahr verdient"
Aber das wird wohl wirklich nur für ein Jahr gelten. Denn bald wird auch Connor McDavid, der beste Spieler seiner Generation, ein neues Arbeitspapier unterschreiben. Und die entscheidende Zahl darin dürfte noch höher sein als bei Draisaitl. Was ihn aber nicht im Geringsten stören kann - denn auch McDavid spielt ja in Edmonton, die beiden Superstars sind eng befreundet. Da gönnt man sich alles.
Und dennoch: Zumindest für eine Saison der Teuerste der Teuren zu sein, ist natürlich auch für Draisaitl etwas Besonderes. "Ich glaube, dass ich mir das für ein Jahr verdient habe. Ich glaube, dass ich in den vergangenen fünf Jahren in vielen Statistiken ganz weit oben stehe", sagte Draisaitl. Nun sei der Status als Topverdiener "nicht das Wichtigste in meinem Leben, aber es ist auf jeden Fall schön, wertgeschätzt zu werden".
Leon's office - Draisaitls Spezialität
Wertgeschätzt wird er seit Langem. Wie könnte es anders sein bei einem, der bereits MVP und Topscorer der stärksten Eishockeyliga der Welt war? Der Jahr für Jahr um die 50 Tore schießt und mehr als 100 Scorerpunkte sammelt? Der mit der Rückhand Pässe spielt wie kein anderer? Der den Puck gern aus ganz spitzem Winkel unter die Latte jagt? Weswegen der Bereich da rechts neben dem Tor mittlerweile nach ihm benannt ist: "Leon's office", sagen sie dazu in Nordamerika.
Draisaitls Problem allerdings: All die individuellen Errungenschaften ändern nichts daran, dass ihm der größte Erfolg noch fehlt - der Stanley Cup. Diesen Frühsommer kam er ihm so nah wie nie, aber er durfte ihn nicht anfassen. Zwar kamen Draisaitl und seine Oilers erstmals ins Finale und holten gegen die Florida Panters einen 0:3-Serienrückstand auf - aber dann verloren sie das entscheidende siebte Spiel.
Daran habe er zu knabbern gehabt. Wobei er nach der Niederlage bei weitem nicht so mitgenommen wirkte wie in den Jahren zuvor, als die Oilers regelmäßig in den frühen Playoff-Runden ausschieden. Wenn Draisaitl damals vor die Presse trat, tat er das auch mal mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, fast brüchiger Stimme und glasigen Augen. 2023 sprach er gar von einem "verschenkten Jahr". Da schien einer zu zweifeln, ob das irgendwann noch mal etwas wird.
Edmonton ist um eine wichtige Erfahrung reicher
Diesen Sommer wirkte er anders. Natürlich enttäuscht, aber gleichzeitig mit dem Wissen, dass nicht mehr viel fehlt für den ganz großen Wurf. Bereits in den "Tagen danach kam ein gewisses Gefühl von Stolz auf die Mannschaft auf", sagte Draisaitl am Montag. Und vor allem war die um eine wichtige Erfahrung reicher: "In den Finals zu spielen, das alles mal mitgemacht zu haben, zu wissen, wie der Druck ist."
Davon wollen er und sein Team nun profitieren. Am Mittwochabend (Ortszeit) starten die Oilers gegen die Winnipeg Jets in die Saison. Und die Chancen auf den Stanley Cup stehen bestens, Edmonton gilt als Topfavorit. Weil es neben Draisaitl und McDavid endlich genügend fähiges Personal drumherum gibt. Diesen Sommer verpflichteten die Oilers zwei neue Flügelstürmer für die zweite Reihe.
Draisaitl spielt nun neben Jeff Skinner und Viktor Arvidsson. "Zwei sehr gute Stürmer, zwei erfahrene Stürmer", sagte der Kölner. Zwar brauche eine neue Sturmreihe "manchmal etwas, um sich zu finden", aber er sei da optimistisch. Beide können schließlich auf Saisons mit 30 und mehr Toren zurückschauen. Das ist nun wieder drin, erst recht neben einem so herausragenden Passgeber wie Draisaitl.
Leon Draisaitl in Aktion
Kleinere Gehälter - größere Chancen
Nicht nur deswegen sind die Chancen auf den Stanley Cup für die Oilers aktuell so hoch wie nie. Diese Saison spielt Draisaitl noch mit seinem alten Vertrag, der ihm "nur" 8,5 Millionen Dollar pro Jahr garantiert. Da bleibt mehr Platz im von der Liga limitierten Gehaltstopf für andere. 88 Millionen Dollar darf jedes der 32 NHL-Teams diese Saison für seine Spieler ausgeben. Zwar steigt der Salary Cap ständig, aber wenn bald auch Kapitän McDavid und Abwehrchef Evan Bouchard neue, größere Verträge unterschreiben, wird es deutlich schwieriger, weitere gute Spieler zu verpflichten.
Umso wichtiger sind die nächsten Monate für Draisaitl. Auch privat. Kürzlich machte er seiner langjährigen Freundin, der kanadischen Schauspielerin Celeste Desjardins, auf Mallorca einen Heiratsantrag. Welchen Ring er früher am Finger tragen werde, wurde Draisaitl am Montag gefragt, den Ehe- oder den in Nordamerika üblichen Meisterring. Die Antwort kam schnell: "Hoffentlich beide."