US-Basketballer jubeln während des Viertelfinales gegen Italien

Basketball-WM Deutschlands Gegner USA - die "jungen Wilden" wollen den Titel

Stand: 08.09.2023 09:25 Uhr

Deutschlands Basketballer sind im WM-Halbfinale gegen die USA klarer Außenseiter - auch wenn dem US-Team die Topstars aus der NBA fehlen. Die "jungen Wilden" sollen es richten, der Star ist der Trainer.

Steve Kerr ist voll des Lobes über die deutschen Basketballer. "Sie sind sehr gut, bislang wahrscheinlich das insgesamt beste Team dieses Turniers. Sie sind eine Einheit, sehr gut gecoacht und haben viel Kontinuität", sagte der Erfolgstrainer der US-Basketballer. Kerr warnte vor allem vor NBA-Jungstar Franz Wagner, der beim 81:79 im Viertelfinale über Lettland erstmals nach eineinhalb Wochen verletzungsbedingtem Ausfall wieder spielte. "Wir haben viel Videomaterial der letzten zwei Jahre, wissen also, wie gut, wie vielseitig Franz ist. Er hat gegen Lettland sehr gut gespielt, aber wir kennen ihn gut und unsere Spieler tun das auch", sagte Kerr.

Der Coach hatte mit seinem Team vor der WM ein Testspiel gegen die Deutschen knapp mit 99:91 gewonnen. "Das war auf jeden Fall unser härtester Gegner",  sagte Kerr mit Blick auf die Vorbereitung. Zwischenzeitlich lag sein Team mit 16 Punkten zurück.

Deutschland klarer Außenseiter

Auch wenn der Respekt vor dem WM-Halbfinale (Ab 14.35 live in der Radio-Reportage bei der Sportschau) in Manila groß ist, das deutsche Team von Bundestrainer Gordon Herbert ist klarer Außenseiter gegen den Olympiasieger. Ein deutscher Sieg gegen den fünfmaligen Weltmeister wäre eine Sensation. Fakt ist: Es gibt im Basketball kaum eine schwierigere Aufgabe, als gegen die USA anzutreten.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die USA im Gegensatz zur deutschen Mannschaft schon eine Niederlage einstecken mussten. Sein letztes Zwischenrundenspiel gegen Litauen verlor das Team überraschend mit 104:110 und beendete die Gruppe J in Manila nur als Zweiter.

Kerr: "Das Pferd erhöht das Tempo"

Doch die Reaktion folgte prompt und das US-Team gewann sein Viertelfinale gegen Italien in eindrucksvoller Manier mit 100:63. "Es war eine Fünf-Wochen-Reise für diese Gruppe, jetzt sind es noch fünf Tage. Wir sind das Pferd, das zurück Richtung Stall reitet. Das Pferd erhöht das Tempo, wenn es spürt, dass es sich dem Stall nähert. Genau das passiert gerade", sagte Kerr. Nach dem enttäuschenden siebten Platz bei der WM 2019 in China trachten die USA nach Wiedergutmachung. Gleichzeitig könnten sie sich zum alleinigen Rekordchampion krönen. Aktuell kommt auch das nicht mehr existente Jugoslawien auf fünf Titel.

"Was ihnen sehr geholfen hat, war die Niederlage gegen Litauen. Das war ein Weckruf. Gegen Italien waren sie schon ein anderes Team. Ich hoffe, wir sehen sie in der Litauen-Verfassung", sagte Deutschlands Bundestrainer Gordon Herbert.

Schlagfertiges Team geformt

Der 57-jährige Ex-Profi Kerr, der in der nordamerikanischen Profiliga NBA die Golden State Warriors trainiert, ist der Star des Teams. Vor dem Turnier musste er zahlreiche Absagen der Superstars aus der besten Basketball-Liga der Welt hinnehmen. Unter anderem sind LeBron James, Stephen Curry und Kevin Durant nicht beim Turnier in Japan, Indonesien und den Philippinen dabei. Traditionell haben die Olympischen Spiele bei den Akteuren einen höheren Stellenwert als eine WM. Kerr hat es dennoch geschafft, für Asien ein schlagfertiges Team mit jungen und talentierten Spielern zusammenzustellen.

Brunson: "Wir wollen alle nur gewinnen"

"Wir haben eine Menge Jungs, die aus unterschiedlichen Situationen kommen und unterschiedliche Basketballstile spielen, aber hier werden die Egos an der Tür abgegeben", sagte Kapitän und Spielmacher Jalen Brunson von den New York Knicks: "Wir wollen alle nur gewinnen."

Kerr hat es auch geschafft, sein Team auf die veränderten Bedingungen einzustellen. Das Regelwerk des Weltverbandes ist strenger als das in der NBA. "Wir haben großen Respekt vor FIBA-Basketball. Eines der Dinge ist: Wir müssen unsere Spieler erziehen, dass die FIBA ein anderes Spiel ist als die NBA. Das müssen wir respektieren", sagte der Coach.

Edwards ist der kommende Top-Star

Kerrs Topmann auf dem Parkett ist Flügelspieler Anthony Edwards von den Minnesota Timberwolves. "Er ist zweifellos der Mann bei uns. Man sieht auch, dass er das weiß. Jetzt weiß es auch das ganze Team und ich denke, auch die Fans haben es gesehen", sagte Kerr in Abu Dhabi nach dem Testspielerfolg gegen Deutschland. Edwards war mit 34 Zählern und einer starken Defensivleistung der herausragende Akteur. Nichts weniger wird von dem 22 Jahre alten Profi auch im Halbfinale erwartet. "Er ist so ein dynamischer junger Spieler. Und er verbessert sich noch weiter", sagte Kerr.

Schwächen unter dem Korb

Schwächen hat das US-Team allerdings unter dem Korb. Dort ist Jaren Jackson Jr. von den Memphis Grizzlies kein herausragender Center. Die Deutschen haben da unter dem Brett weitaus mehr Qualität. Zudem muss das junge US-Team in engen Spielen und kniffligen Phase seine Nervenstärke noch unter Beweis stellen.

Auch wenn es gegen den Favoriten für die deutsche Mannschaft nicht zum Sieg reichen sollte, dürfen Dennis Schröder und Co, hoffen, dass die NBA-Ikone Kerr mit seiner Prognose recht behält. Für die Deutschen wäre auch die Bronzemedaille ein Riesen-Erfolg.