Thomas Müller verabschiedet sich von den deutschen Fans

Nach 131 Länderspielen Thomas Müller beendet DFB-Karriere

Stand: 15.07.2024 12:20 Uhr

Ein kurzes Video, nur 106 Sekunden - und dann war es das: Thomas Müller hat seine Karriere in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft offiziell beendet. Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte: "Wir werden ihn sehr vermissen."

"Als ich vor über 14 Jahren mein erstes Länderspiel absolvieren durfte, hätte ich mir all das nicht erträumen lassen", sagte Müller, 34, in einer Videobotschaft, die er am Montag (15.07.2024) veröffentlichte. Er hat für Deutschland an acht Turnieren teilgenommen, an je vier Europa- und vier Weltmeisterschaften. 2014 gewann er den WM-Titel. "Nach 131 Länderspielen mit 45 Toren sage ich dem Bundesadler heute Servus."

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) reagierte umgehend. "Keiner ist wie Thomas Müller. Seinen Wert für den deutschen Fußball kann man gar nicht hoch genug einschätzen", sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler. "Mit Thomas hat jedes Team neben einem Topstürmer immer auch ein Gesicht bekommen, einen vorbildlichen Charakter." Und Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte, Müller sei immer auch "Anführer, Vorbild, Identifikationsfigur" gewesen: "Wir werden ihn sehr vermissen."

Eine Überraschung war Müllers Rücktritt nicht. Bei der EURO 2024 hatte er nur eine Nebenrolle gespielt. Der Offensivspieler war lediglich im deutschen Eröffnungsspiel gegen Schottland und im Viertelfinale gegen Spanien eingewechselt worden. Gegen die Schotten hatte Müller das Tor von Emre Can vorbereitet.

Thomas Müller zog mit Lukas Podolski gleich

Müller durfte beim Heim-Turnier somit ein Jubiläum feiern. Das Match gegen die Briten war sein 130. Länderspieleinsatz. Damit zog er mit Lukas Podolski gleich. Gegen Spanien folgte für Müller Einsatz Nummer 131. Damit steht Müller vor Podolski auf Rang drei der Rangliste mit den meisten Einsätzen fürs DFB-Team. An der Spitze thront Lothar Matthäus, der Weltmeister von 1990 kam insgesamt zu 150 Spielen. Auf Rang zwei folgt Miroslav Klose mit 137 Partien.

Vor der Heim-EM hatte Müller mit der Sportschau über seinen größten Erfolg im Nationalteam gesprochen, den WM-Titel 2014. Zu hören im Podcast "Wir Weltmeister. Auf der Suche nach 2014" in der ARD Audiothek.

Mehr als 14 Jahre war er auch beim DFB der "Raumdeuter"

Für Müller endet nun eine lange Reise. Er stand zwar in den letzten 15 Länderspielen, für die er nominiert war, nur zweimal in der Anfangsformation, aber auch als Joker war der Angreifer immer wieder ein Faktor. Der Offensivspieler galt über seine komplette Karriere als "Raumdeuter". Als einer, der ein Näschen für brenzlige Situationen hat, diese antizipiert und zudem durch sein unkonventionelles Spiel etwas Anarchie mit einbringt. Diese Qualitäten wies er auch im Nationaltrikot oft genug nach.

Müller feierte im März 2010 in der Münchner Arena gegen Argentinien (0:1) sein Debüt. Er stand in der Startelf und wurde nach 67 Minuten ausgewechselt. Bei der WM 2010 in Südafrika machte er sich dann auf der ganz großen Bühne einen Namen.

Taufig Khalil, Sportschau, 15.07.2024 10:46 Uhr

Im ersten deutschen Gruppenspiel gegen Australien (4:0) erzielte Müller sein erstes Länderspieltor und bereitete einen weiteren Treffer vor. Im Achtelfinale gegen England (4:1) traf Müller dann doppelt, beim 4:0 im Viertelfinale gegen Argentinien erzielte er bereits in der dritten Minute per Kopf das 1:0 und stellte damit früh die Weichen auf Sieg. Allerdings sah Müller gegen die Südamerikaner auch seine zweite Gelbe Karte, sodass er im Halbfinale gegen Spanien (0:1) gesperrt fehlte.

Thomas Müller bei seinem DFB-Debut 2010

"Goldener Schuh" bei der WM 2010 in Südafrika

Im Spiel um Platz drei gegen Uruguay (3:2) durfte Müller wieder mitwirken - und erzielte erneut das 1:0. Sein fünfter Treffer im Turnier sorgte zusammen mit den drei Torvorlagen dafür, dass der Jungstar mit gerade einmal 20 Jahren den "Goldenen Schuh" bei der WM 2010 in Südafrika erhielt.

Thomas Müller bei der WM 2014 ein Hauptdarsteller

Seine WM-Form konservierte Müller für die WM 2014 in Brasilien, wo er mit der deutschen Mannschaft den Titel holte. Auch damals war der Bayern-Profi einer der Protagonisten im DFB-Team. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal (4:0) steuerte er einen Dreierpack bei, im dritten Match gegen die USA (1:0) den goldenen Treffer. Beim surrealen 7:1 gegen Gastgeber Brasilien im Halbfinale erzielte er das wichtige 1:0. Müller stand beim Turnier 2014 in sämtlichen Spielen in der deutschen Anfangsformation, erzielte fünf Treffer und leistete fünf Assists - eine herausragende Bilanz.

Thomas Müller mit dem WM-Pokal 2014

Seine weiteren Weltturniere - 2018 und 2022 - verliefen indes für Müller weit weniger erfolgreich. Zweimal schied er mit dem deutschen Team bereits nach der Vorrunde aus, zweimal blieb er ohne Torbeteiligung. Dass er 2022 in Katar beim deutschen Eröffnungsspiel gegen Japan (1:2) in der Startelf stand und somit zu seinem 100. Länderspiel kam, dürfte für den ehrgeizigen Müller kein Trost gewesen sein.

Müller und die Europameisterschaften - kein Match

Ähnlich mau wie bei seinen letzten beiden Weltmeisterschaften sieht Müllers EM-Bilanz aus. Bei der EM 2012 blieb er ohne Tor und Vorlage, bei der EM 2016 leistete er zumindest einen Assist. Bei beiden Turnieren schied Deutschland im Halbfinale aus. 2021 (Aus im Achtelfinale gegen England) ging er beim Kontinentalturnier erneut leer aus - ebenso beim Heimturnier 2024. Nach vier Europameisterschaften steht in seiner Trefferbilanz somit die Null.

Müller wird es verschmerzen, hat er doch mit dem WM-Titel 2014 den größtmöglichen Erfolg mit dem DFB-Team gefeiert. Und auf Klubebene hat er auch fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Er wurde zwölf Mal deutscher Meister, gewann sechs Mal den DFB-Pokal, triumphierte zwei Mal in der Champions League und wurde je zwei Mal FIFA-Klub-Weltmeister sowie UEFA-Supercup-Sieger.

Und vielleicht kommen ja noch einige Trophäen dazu. Für die Nationalmannschaft wird Müller nie mehr spielen, doch beim FC Bayern geht es für ihn auf jeden Fall noch ein Jahr weiter. Ganz am Ende seiner Videobotschaft sagt Müller: "Servus, man sieht sich."