Sebastian Kehl (l.), Hans-Joachim Watzke

Kehl isoliert in neuer Struktur BVB liefert Spannung ad hoc

Stand: 22.04.2024 14:11 Uhr

Sportlich hat sich die Lage bei Borussia Dortmund aufgrund glücklicher Umstände beruhigt. Mit einer Ad-hoc-Meldung an die Börse sorgte der Fußball-Bundesligist aber für Spannung.

Seit Wochen ist klar gewesen, dass Sven Mislintat zu Borussia Dortmund zurückkehren wird. Nur die Bezeichnung seines Postens war offen, genau wie der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Am Montag (22.04.2024) teilte der BVB dann mit dass Mislintat "Technischer Direktor" wird, hauptsächlich zuständig für das, was er am besten kann: die Kaderplanung.

Die Verpflichtung Mislintats war dem Ballspielverein keine eigene Meldung wert. Er packte die Nachricht in eine Ad-hoc-News, zu der die börsennotierte Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) sogar verpflichtet war. In dieser Meldung fanden sich zwei wenig überraschende Nachrichten. Thomas Treß, verantwortlich für die Finanzen, und Carsten Cramer, verantworlich für das Marketing, unterschreiben neue Verträge als Geschäftsführer, beide gültig bis Ende Juni 2027.

Brisante Aufgabe für den Neuling der Geschäftsführung

Ziemlich überraschend ist die Nachricht, dass Lars Ricken ab 1. Mai 2024, also noch während der Saison, zu einem weiteren Geschäftsführer bestellt wird, verantwortlich für den Sport. Bis Ende 2025 wird der BVB vier Geschäftsführer haben, denn Hans-Joachim Watzke tritt erst dann - wie angekündigt - ab.

Vorerst tritt der Vorsitzende der Geschäftsführung offiziell nur den Bereich Sport ab, und damit eine Aufgabe, die durchaus brisant ist, und die mit Lars Ricken gleich dem Neuling aufs Auge gedrückt wird. Der BVB meldete nämlich auch, ohne dass ihn Börsenvorschriften dazu gezwungen hätten, dass Ricken "bezüglich einer möglichen Vertragsverlängerung von Sebastian Kehl (...) im Sommer Gespräche aufnehmen" werde.

Kehl ist Sportdirektor bei Borussia Dortmund. Er galt ebenfalls als Kandidat für den Posten eines Geschäftsführers, und da er das nun nicht geworden ist, sondern er mit dem aktuell noch als Direktor des Nachwuchsleistungszentrums tätigen Ricken noch um einen neuen Vertrag schachern muss, zeigt seine Stellung, die keinem Organigramm zu entnehmen ist.

Ein recht kompliziertes Gebilde

Die Strukturen bei der westfälischen Fußballfirma sind das eine, die Wertschätzungen, Stellungen, persönlichen Beziehungen das andere. Über sie wird nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen, zwischen den Zeilen ist manchmal auch etwas herauszulesen. Es ist jedenfalls recht kompliziert, das Gebilde, zumal es auch noch einen Matthias Sammer gibt, der ein gewichtiges Wort mitspricht, aber offiziell nur externer Berater ist und das auch bleiben will.

Sammers Verhältnis zu Ricken, mit dem er 1997 zusammen die Champions League gewann, gilt als vertraut, das zu Kehl als eher distanziert. Bei Mislintat ist es so, dass sein Verhältnis zu Trainer Edin Terzić als vertraut gilt, das zu Kehl eher als distanziert.

Lars Ricken und Sebastian Kehl für den BVB in der Saison 2005/06

Bald Chef von Sebastian Kehl (r.): Lars Ricken

Auch Terzić und der Sportdirektor werden in Vereinskreisen eher als Zweckgemeinschaft denn als harmonisches Duo bezeichnet, und so ergibt sich ein Bild, das zusammen mit der offiziell vermeldeten Beförderung Rickens und der damit eben nicht erfolgten Beförderung Kehls den Schluss nahelegt, dass der Sportdirektor im Organigramm zwar Pfeile in alle Richtungen aufweist, aber ziemlich isoliert dasteht.

Entspannte Lage dank Reform der Champions League

Die bemerkenswerten Personalien vermeldete der BVB in einer Zeit glücklicher Umstände. Die reformierte Champions League sieht vor, dass zwei europäische Nationalverbände je einen zusätzlichen Platz in der Eliteliga bekommen werden. Für Deutschland sieht es - auch weil der BVB das Halbfinale der Champions League erreichte und dabei auf Paris Saint-Germain trifft - sehr gut aus, einen fünften Teilnehmer entsenden zu dürfen. Die Dortmunder belegen aktuell diesen fünften Tabellenplatz in der Bundesliga, mit zwei Punkten Rückstand auf RB Leipzig, dem kommenden Auswärtsgegner am Samstag (27.04.2024, ab 15.20 Uhr im Audio-Livestream bei sportschau.de).

Das Spiel hat an Brisanz verloren, genauso wie das Treffen mit dem künftigen Meister Bayer Leverkusen am Sonntag (21.04.2024) schon im Vorfeld an Spannung eingebüßt hatte. Als Ersatz gab es eine Ad-hoc-Meldung, die spannende Wochen abseits des Spielfeldes verspricht.